[tagebuchbloggen 26.11.]

Wir machen ja oft Spaziergänge Unter den Linden.

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Am Abend endlich wieder an diesem langen Text gearbeitet, ich habe ihn seit etwa drei Monaten nicht mehr angefasst und überhaupt war ja diese freie Weihnachtswoche dafür da, aufzustehen und ein bisschen dazwischen zu hängen, zwischen den Tagen, zwischen den unterschiedlichen Wahrnehmungen, zwischen den Zeiten auch, wenn man so will, aufstehen und mich an den Text zu setzen, in dieser undefinierte Leere, nicht nur des entvölkerten Berlins, weil Berlin ja gar nicht so entvölkert ist, wie ich immer glaubte, es spielt sich nur alles in den Häusern ab, das Introvertierte an der Weihnacht, daran musste ich an diesem Heiligabend denken, als wir im Treppenhaus einer chinesischen Familie begegnet sind, sie waren auf dem Weg nach oben in die Ferienwohnung, das vermultich einzig gute daran, eine Ferienwohnung im Haus zu haben, dass man chinesische Familien im Treppenhaus trifft und sich wundert; es waren offensichtlich Touristen, zu Besuch im weihnachtlichen Europa, die Geburtsstätte dieses eigenartig bilderstarken Volksfestes, einer Ästhetik die wirklich so etwas wie Sehnsüchte zu erwecken vermag, ich meine, die Weihnacht strotzt ja nur so von Sehnsuchtsbildern, wenn auch nicht meine: der Schnee, die Glocken, die sanften Lichter, der nächtliche Himmel, die roten Wangen, die roten Gewänder, die roten Tischdecken, die bunten Geschenke, der Schnee, der Schnee, der Schnee, das sind ja die Bilder die hinaus in die Welt gebracht werden, und dann frage ich mich wie man als chinesische Familie die Weihnacht in Europa überhaupt erlebt, erleben kann, ich meine: wir Europäer gehen nach Japan um die Sache mit den Kirschblüten zu feiern und alles ist irgendwie Kirschblüte, dann gehen wir nach Rio um den Fasching zu feiern und alles ist irgendwie Fasching, aber dann kommt eine chinesische Familie nach Europa um Weihnachten zu feiern und findet am Tag an dem alles geschehen soll, an dem Abend an dem diese ganze aufgestaute Adventsspannung, alle Weihnachtsmärkte, alle Glühweinstände, alle Kerzen, alle rotweiß kostumierten Bartträger, und alles, alles irgendwie in tausende Lichter zerplatzen müsste, an diesem Abend findet die chinesische Familie eine tote Stadt vor.
Dieses Introvertierte der Weihnacht. Ich finde das ja ganz gut, eigentlich.