[so lange der Berg nicht ruft]

Früher fuhren wir hier oft zum Kiffen hoch. Ich mochte diese Weite auf dem Lavaze Pass immer gerne. Wenn man sich der Baumgrenze nähert, wie die Vegetation sich lichtet und stünden nicht die die paar Gasthäuer herum, man wähnte sich auf dem Mond. Ein sehr südtirolerischer Mond. In späteren Jahren fuhren wir zum Kiffen allerdings noch weiter hoch auf das Jochgrimm, da auf dem Lavaze zu oft Carabinieri auftauchten. Auf dem Jochgrimm verließen wir meist das Auto und setzten uns unterhalb der Felsen des Weißhorns zwischen die Kühe. Da blieben wir lange und schauten auf das Tal hinab.

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Wir fahren auf einem schlechten Schotterweg durch den Wald. Vater zeigt mir das Waldstück, das er dieses Jahr zum Abarbeiten zugewiesen bekommen hat. Er beklagt sich über den Förster, der ihm zu viele kleine Bäume markiert hat, das sei viel Aufwand für wenig Ertrag. Er schaffe das auch nicht mehr bis zum Winter, er können nur noch die bereits bearbeiteten Stämme abtransportieren, die er im Winter dann im Dorf zu ofenfertigen Stücken zerkleinere. Er sei aber froh, dass es wenigstens keine Kiefern oder Lärchen seien, sonder Fichten, die wegen der festeren Rinde bevorzuge.

Oben hinterm Jochgrimm liegt schon Schnee. Zumindest auf der Schattenseite der Hänge. Wir sitzen auf einer Holzbank, er raucht wieder und wir reden über Politik. Bevor wir uns streiten, wechsle ich das Thema und frage ihn nach seiner Kieferoperation, wir reden über Implantate, über die Preise von Slowenischen Zahnärzten ich schwärme von Lachgas, die Themen sind unverfänglicher.

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Totes Moos. Auf den Wegen der Bergwälder mit meiner Mutter. Wir begegnen dem Stattner Bauer, der jetzt da draußen nur noch alleine lebt. Früher war er mal Lehrer, er hat aber nie eine Frau gefunden und da jetzt alle um ihn herum gestorben sind, lebt er alleine mit seinem Hund und den Kühen im Wald. Als wir mit dem Auto ankommen hat er uns längst registriert. Er steht im Hauseingang und begutachtet uns. Sobald er meine Mutter erkennt, entspannt er sich und grüßt freundlich. Sie fragt, ob wir das Auto hier stehen lassen können, wir möchten zum Toten Moos hinunter laufen. Das ist kein Problem, ich soll das Auto hinter den Misthaufen stellen, ich sage, ich sei Fahranfänger, aber ich gäbe mein Bestes. Er beäugt mich kritisch und gibt mir Anweisungen, wie ich das Auto von der Straße abzudrehen habe. Dann parke ich das Auto fast in den Kuhmist. Er lacht. Ich lache auch. Immerhin.

Danach wandern wir hinuntern bis nach Bauernkohlern, an den Klippen der Rotwand entlang. Wir machen die ganze Runde und steigen das lange, finstere Wolfstal hinauf bis zurück zum Toten Moos.

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Am nächsten Tag essen wir Pellkartoffel mit Speck und Käse zu Mittag. Während des Essens kommt die Nachbarin. Seit ihr Mann sie verlassen hat, ist sie Haarfärberin und färbt den Frauen im Dorf die Haare. Sie hat einen Termin bei meiner Mutter. Ich entschuldige mich, dass wir gerade essen, meiner Mutter und der Färberin ist das aber egal. Meine Mutter bindet sich eine Schutzfolie aus Plastik um und isst weiter. Die Nachbarin mischt chemische Substanzen in einer Tupperware Schüssel und schmiert eine graubraune Masse in die Haare meiner Mutter. Sie plaudern fröhlich und meiner Mutter isst Pellkartoffel mit Speck und Käse.

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Wolfstal








6 Kommentare

  1. Ach, hach.
    Und, ich traue mich kaum zu fragen, bin ich die einzige, die auf dem Waldweg in Bild 5 Karl Marx sieht? – Meine Lehrer fanden übrigens auch immer, ich hätte zu viel Phantasie.

  2. Meine Schwester hatte auch einen alten Mann auf dem Foto erkannt. Sie nannte ihn aber Nikolaus.

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