[was schön war, KW41]

Zwei Dinge die in unmittelbarem Zusammenhang stehen

– Zum einen höre ich nun Podcasts auf dem Fahrrad während ich in die Arbeit fahre. Das sind zwanzig Minuten hin und zwanzig Minuten zurück. Zwar habe ich sehr viel Innenleben, aber das Repetitive der immerselben Fahrradstrecke tötete mit der Zeit mein Innenleben ab, vielleicht weil ich mich zu oft über die immergleichen zugeparkten Stellen aufrege oder über Verkehrsteilnehmer im Generellen, Gleichmut kann ich gut, aber im Berufsverkehr radle ich durch emotionale Schluchten.
Ich höre jetzt Podcasts. Was sich beim Kochen und Ikeamöbelverschrauben bewährt hat, wende ich nun auch auf dem Fahrrad an. Leute reden über Dinge und ich höre zu wie ein Lämmchen. Mit redenden Leuten im Ohr töte ich wirklich Zeit. Die zwanzig Minuten Fahrt verkürzen sich auf wenige Minuten, aber ich bin vollgestopft mit Erkenntnissen und Gedanken. Ein wahsinniger Gewinn an Lebensqualität.

– Zum anderen hörte ich in der Nacht zu Mittwoch diesen wunderbaren Podcast von Tim Pritlove. Raumzeit. In jener Folge ging es ganz allgemein über das Weltall, also den Cosmos, Galaxien, Sternensysteme etc. Ich war einigermaßen betrunken, es gab auf der Veranstaltung kein Bier sondern nur Wein und ich hatte wieder den Fehler begangen, Wein mit der Geschwindigkeit von Bier zu trinken und war damit überhaupt nicht mehr gut auf den Beinen, aber auf dem Fahrrad — da war ich noch quickfidel.
Ich war ja immer der Meinung, dass es nichts schöneres gibt als betrunken Fahrrad zu fahren, was aber noch viel schöner als das ist, ist betrunken auf dem Fahrrad nachts durch den Regen zu fahren, den Kopf halb in den Schal eingezogen, das Wasser schon in den Schuhen spüren, und dann: zwei Menschen unterhalten sich angeregt über schwarze Löcher, dass das in Wahrheit keine schwarzen Löcher sind sondern schlichtweg Sternengruppen die über eine dermaßen enorme Gravitationskraft verfügen, dass sogar das Licht von da nicht rauskommt, wie sie angeregt über Entfernungen plaudern, dass z.B. Lichtjahre eine blöde Einhet sind, weil man in der Wissenschaft damit überhaupt nicht rechnen kann, dass Parsec viel einfacher sei oder, dass wir mit unserem popeligen Sonnensystemchen eigentlich eher irgendwo am Rand der Milchstraße wohnen, sozusagen in einer langweiligen Vorstadt während der Punk in ganz anderen Sonnensystemen abgeht, oder darüber, dass das Weltall, also das Große Ganze, so schnell wächst und immer schneller wird, und irgendwann in der Relation zu uns schneller wächst als das Licht, sodass in einer ganz weiten Zukunft unsere Nachfahren auf der Erde oder andere Bewohner von anderen Planeten gar nicht mehr wissen werden, dass es außer ihrem kleinen Sonnensystemchen noch etwas gibt, weil da oben einfach alle Lichter ausgegangen sind.

Als ich völlig durchnässt zuhause ankam und den Podcast noch im Treppenhaus und der Wohnung zuende hörte, war ich zu so einem kleinen und unbedeutendem Standby-Lämpchen geschrumpft, dass ich einschlief wie ein, wie ein, wie ein. Irgendwas ganz Kleines und Wohliges.

3 Kommentare

  1. So schön. Jetzt hast du mich auf den Geschmack gebracht und ich möchte es auch hören. Aber wo findet man das? Spotify und audible geben nichts her?

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