[Donnerstag, 2.2.2023 – der Hauptstadt den Schniedel dongeln]

Mein Schwager wohnt während seines Berlin Aufenthalts in einem Hotel unweit des Checkpoint Charlie. Ich fahre jeden Tag mit dem Fahrrad an dem Hotel vorbei. Das hatte ich vergessen, ihm zu sagen. Heute wollte ich ihm die Info nachreichen, also hielt ich kurz an um ein Foto seines Hotels zu schiessen, das ich ihm per Messenger schicken würde. Das machte ich so, weil ich das lustig fand.

Als ich mein Telefon hob um das Hotellogo zu fotografieren, sah ich im ersten Geschoss, genau über dem Logo des Hotels, ein nacktes Kind. Es war ein drei- vielleicht vierjähriger Junge. Er trug immerhin ein Tshirt. Aber ansonsten dongelte er fröhlich und breitbeinig mit seinem Minigemächt auf Höhe des Hotellogos und schaute zu mir herunter.
Das konnte ich natürlich unmöglich fotografieren. Es laufen da viele Menschen herum, man hätte die Polizei gerufen. Ich wollte da jetzt auch nicht einfach nur so dastehen und warten, bis der Junge verschwindet, was vermutlich lange hätte dauern können, weil er sich für meine Anwesenheit zu interessieren schien. Da ich auch nicht hinaufstarren wollte, schielte ich ab und zu unauffälig zu ihm hinauf, er blieb dort aber breitbeinig stehen. So stand ich da auf dem Bürgersteig mit gezücktem Telefon, das ich mit zwei Händen Schussbereit vor mir hielt. Auf der anderen Strassenseite stand eine kleine Gruppe Touristen, die in meine Richtung schauten und lächelten. Ich weiss nicht, warum sie lächelten, vielleicht sah das lustig aus, wie ich verkrampft mit einem schussbereiten Telefon in beiden Händen in der Gegend herumstand, vielleicht lächelten sie auch nur wegen den kleinen Jungen zwei Meter über mir, der der Hauptstadt seinen Schniedel zeigte.

Weil mir die Situation nicht gefiel, lief ich ein paar Meter die Strasse hinauf und fotografierte die Gegend. Mein schwager würde es vermutlich auch so erkennen.

Das tat er dann auch. Nächstes Mal sollte ich einfach hochkommen und wir würden gemeinsam frühstücken, meinte er.