moby

Es war wieder wie damals, als wäre ich ein kleiner Junge gewesen. Slalom. In weiten Kurven den Berg hinunter. Nur ging es diesmal nicht ganz so schnell vonstatten, schließlich führte der Weg bergaufwärts, und ich auf zwei Rädern, und Berlin schaukelte um mich herum wie ein stürmischer Atlantik voller Mobydicks, im Dreivierteltakt, weil es das war, diese Melodie, dieses Lied das ich komponierte, nachdem ich mich auf das rettende Fahrrad gesetzt hatte und darüber so froh war, weil ich gehen nicht mehr konnte, aber auf das Fahrrad, wie immer, Verlass war, und so war ich dermaßen glücklich darüber, dass die schwankende Stadt direkt in meinen Kopf überschwappte und ich von dem Augenblick an diese Melodie summte und mich darüber freute, welch schöne Melodien ich auf dem Fahrrad immer wieder komponiere, und weil das Lied so ging: Damm, da-daaa, dadadammm, dam-daaa, und dann ein Zwirbel und dann wieder damm, dam-daa, und bald summte ich nicht nur, sondern sang es erst leise, dann lauter, damm, dam-daa, im Slalom, Slalom Super-G, und die Autos hupten im Takt, einzweidrei-
Nur den Prenzlauer Berg hoch, am Anfang der Prenzlauer Allee, dort ist es ein wenig steil, die Luft blieb mir weg. Ich musste improvisieren, dichten zum Beispiel, sodann schlug es, mein dichterisches Herz:

Tropf zweidrei
auf unergründeten Wogen
Kopf entzwei
doch Herz hängt hoch droben im Bogen

Eine halbe Weltumsegelung später erreichte ich meine Haustür, doch die Musik schwankte in mir, und ich war noch nicht einmal bei der zweiten Strophe angelangt, da mir die erste dermaßen gut gefiel, dass ich sie wiederholte und wiederholte, so winkte ich, schönes Haus bist Du, und fuhr daran vorbei, doch tat es mir fast ein wenig leid, es in diesem Zustand zu hinterlassen, darum hing ich dieser Trauer unmittelbar eine zweifelnde Frage an: welchen Zustand?, so dachte ich, steht es doch tageintagaus seit nunmehr hundert Jahren so desolat herum, und ich sah auch gleich ein, dass es bedeutend schlimmere Zeiten hinter sich hatte, Zeiten von Kälte, oder als die Russen sich durch die Straße bombten, doch sieht mein Haus immer ein bisschen traurig aus, womöglich liegt es an der Nase, oder den hängenden Lidern der obersten Fenster, oder diesem immer ein wenig nach Hilfeschrei geöffneten Mund, ich weiß es nicht genau, ich dachte mir Mekmek, Du mußt jetzt Deinen Weg gehen, stark sein nennt man das manchmal, und ich tat es, war stark, fuhr weiter, Slalom Aleikhum nach Weißensee, bis ich dann einen Walzer und eine Ballade später arg verfahren zwischen all den Mobydicks im schwankenden Berlin den Notruf betätigte. Maydaymayday, ze ship is zinking. Man will nicht wissen was es dachte.

4 Kommentare

  1. Alter, du sollst doch unter der Woche nich soviel picheln. Fahr lieber nach Charlottenburg.

  2. Eine fantastische Schiffschaukel, auftauchen, eintauchen, Sinuskurven. Wenn Berlin schon keine Berge hat dann eben so.

  3. dabei weiß doch jeder, dass in weißensee ossis wohnen. da muss man aufpassen.

    hättest du ma bei uns gesauft, dann hätten wir dich in die ringbahn gelegt und du hättst dich um berlin schrauben können, bis du irgendwann zuhause abgesprungen wärest.

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