[5.4.]

Liebes Tagebuchblog. Sorry wegen gestern. Das mit der Kröte, das meinte ich nicht so.

Am Freitagabend mit der u8 nach Neuköln gefahren, oh boysboysboys. Wohin des Weges. Wenn ab Moritzplatz die Luft vom Testosteron zu brennen beginnt und ich anfange Menschen zu werten. Wenn die Türkengang die u8 betritt und mit verbalen Mitteln und breiten Schritten Duftmarken setzt. Immer. Ich begegne den Spacken immer auf dem Weg nach Neuköln, und ich hasse das, wie die Passagiere (wir) empört schauen wenn die hübsche Blonde umkreist und immer kurz vor der gefühlten Grenzüberschreitung, belästigt wird.
Man sitzt mit Krallen in der Schuhen und malt sich aus was mit einem selber passiert wenn sie die Grenze nun überschreiten. Ich sehe mich ja immer nur unter so tatütata und nervigem Blaulicht das man nicht wahrnimmt, erwachen.
Mit einem gelben S auf der Brust wäre die Zivilcourage ein ganzes Stück einfacher.
Aber es geht vermutlich nur um den Ton den man anschlägt. Weniger um das Outfit.

Nachher dann sehr viel getrunken. Nicht wegen dem S auf der Brust, sondern weil Undundund so ein netter ististist. Wir haben lange draußen gesessen vor einem Cafe in der Weserstraße, wir und alle anderen, wir taten als wäre es Sommer, verrückt das, die Bäume noch blätterlos und wir machen schon auf T-shirtwetter. Bei zwanzig Grad aber auch OK.
Aber an Neuköln gibt es ja gar nichts auszusetzen, in den dunklen Seitenstraßen spürt man wenig von Gewalt, dort haben sich die jüngsten Alternativen breitgemacht, für die Friedrichshain schon zu teuer geworden ist. Man redet in Neuköln ja schon von Gentrification. Man hat den Prenzlauer Berg noch im Gewissen.
Auf dem Nachhauseweg– was war es, drei Uhr, vier Uhr, waren die Gangs ja auch nicht mehr unterwegs, die U8 nur noch von den zukünftigen Prenzelbergern befahren, wer um diese Uhrzeit sich noch in den Schächten unter Berlin herumfahren läßt, hat zuviel Alkohol getrunken und gehört nicht zu einer muslimischen Gang. Was witzig klingt auf der sogenannten Drogenlinie.

Am Samstag dann elitäres Programm für so Westeuropäer wie mich: Architektur schauen. Seit mehr als einem Jahr wiedermal zu den neuen Häusern am Friedrichswerder in Mitte (beim auswärtgen Amt) gegangen. Der ganze Block ist jetzt fast fertig. Wunderbar was da in den märkischen Sand gesetzt wurde, man braucht den Architekten das Korsett nur genügend eng zu schnüren (6m breite Fassaden) und sie stellen wunderbare Sachen hin.
Dort ist natürlich noch kein Leben, es wohnen nur Porschefahrer und Menschen die Kaffe für 5 Euro trinken. Aber wenn die Mode vorbei ist, dann ziehen wir alle hin, ok?

Gestern Abend Penseetage nachgeholt. Heute geputzt und TwinPeaks geschaut.

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7 Kommentare

  1. Ganz schön interessant, so ein Internet-Tagebuch. Muss schon sagen.
    Aber Neuköln, Herr Mek, und jetzt lass ich sowohl den Hauptstadtklugscheißer als auch den Rheinlandtopchecker raushängen, wat ne Kombi, Neuköln, Herr Mek, Neuköln heißt nicht Neuköln, sondern Düsseldorf.

  2. Eau de Collogne kommt ja auch nicht aus Neukölln 🙂

    (Danke für den Hinweis. Es bricht beinahe ein Weltbild zusammen)

  3. Ich wär auch gern jemand, der Architektur gucken geht und dem dabei das Herz hüpft.

  4. wunderbar die testosteronpassage, aus männlicher sich so anders und doch irgendwie vertraut.

    aber warum sitzt du in der weserstraße im café, ohne mir bescheid zu sagen? männerabend?

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