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ch mag meine Putzfrauen in der Firma gerne. Im Besonderen die kugelrunde Russin, einssechzig hoch, einssechzig breit, die mir beim Spaziergang ins Raucherzimmer meistens im Weg steht, die wie ein überdimensionierter Medizinball im Flur den Boden saugt, und ich mich immer ein wenig davor fürchte sie aus versehen anzurempeln, wonach sie unaufhaltsam rollend, einen Pfad der Zerstörung quer den Gang hinunter, hinterlassen würde. Sie ist stets gut gekleidet, trägt Schmuck aus Gold wo immer man Schmuck tragen kann, ihr Haar sorgfältig blondiert, die Lippen rot, ein dicker Schatten über den Lidern und spricht zu mir, heiter und in breitem Vodkadeutsch »Nix Deutsche Frau für Sie. Sie Itaalianer, sie brauchen italiaanische Frau. Frau andere Land nix gut für Heeerz« und ahmt dabei das Herausreissen ihres Herzens nach.
Ich mag sie wirklich gerne. Alle meine Putzfrauen.

Und manchmal kommt eine Neue hinzu. Manchmal ist es eine hübsche junge Frau. Die jungen Hübschen bleiben nie lange. Einen Tag, zwei Tage, ich meine mich zu erinnern, dass Eine einmal eine ganze Arbeitswoche geblieben ist.
Ich war fast ein wenig schockiert, als die neue hübsche Putzfrau aus Kirgisien, heute wieder ins Büro kam. Den sechsten Tag. Sie ist freundlich, wirkt überaus intelligent, hält den Staubwedel elegant, aber fest in der Hand als wäre es ein Degen. Sie hat eine sehr feine Art die Bürotische zu wischen, sie wischt eher so, als würde sie der Tischplatte Leben einschäumen wollen, sie leert meinen Abfalleimer so, als wäre sie in mein Leben gekommen um meinen ganzen Ballast, meine Sorgen, und zerplatzten Träume in ihren Beutel zu kippen. Sie kommt zu meinem chronisch unaufgeräumten Schreibtisch, zeigt auf den aufgetürmten Papierberg und macht lachend eine ausufernde Handbewegung mit der sie andeuten will, dass das alles besser auf den Müllhaufen gekippt gehöre. Und sie sagt mit einem strahlenden Lächeln: »Tabula Rasa!«. Du meine Güte. Eine Putzfrau die so Sachen sagt wie Tabula Rasa.

Und wie man sich dann dabei ertappt in die Prinzenrolle schlüpfen zu wollen, Aschenputtel zu befreien, wie man aufstehen will und sagen ›Es ist der verdammte sechste Tag. Du hast doch was besseres verdient.‹ Und ich mit diesem ›Du‹, nicht der kirgisischen Putzfee helfe, sondern in Wirklichkeit die kugelige Russin degradiere. Wie ich merke, dass ich den Job der Putzfrauen immer noch als niedrigere Arbeitsklasse, niedrigere Gesellschaft empfinde. Auch wenn mich die Russin amüsiert, so lache ich letztendlich doch immer nur von oben herab. Und das nicht nur weil sie einssechzig ist.