[7.5.]

Der ältere Herr beschwerte sich, ich solle vom Fahrrad steigen wenn ich auf dem Fußgängerweg führe. Womit er natürlich recht hat. Schön ist das nicht, es schafft Unordnung im Verkehr, es steigert das Unfallrisiko und es ist Rowdytum wenn einige dort verkehren wo sie nichts zu verkehren haben.
Doch gibt es ja immer diese gefühlte Unordnung.
Und so stand er da, Obergeneral Blockwart mit seiner uneinsichtigen Polizeimentalität womit er sichselber und gefühlt seine ganze Generation mit in den Diskredit reißt.
Deshalb erhob ich meinen rechten Arm zum militärischen Gruß und sagte: Machich. Später.
Was total blöd von mir war. Ich wollte ihn ja nicht demütigen, sondern ihm bloß mitteilen wie kleingeistig seine Empörung ist, wie seine ganze Mentalität, sein ganzes Verhalten ganze Generationen geprägt und schon eigene Bezeichnungen hervorgebracht hat. Wer will schon als Blockwart typisiert werden, doch möglicherweise nimmt er die Bezeichnung an ohne sie anzunehmen. Blockwart? Blockwart? Bin ich eben Blockwart. Ist er für sich selber aber trotzdem nicht.
Ich habe ja immer diesen Bildungsauftrag wenn ich unterwegs bin. Ich wollte ihm einfach sagen, hey allet jut, sei einfach ein bisschen cool, ich fahr ja schon absichtlich langsam und bedächtig weil ich zwischen euch fahre und ich ja auf Dich und die Ommis aufpassen will, wär ja alles nicht schön wenn ich euch zu Tode erschrecken oder über den Haufen fahren würde.
Stattdessen habe ich ihn nur beleidigt. Ich glaube das ist nicht gut. Für ihn bin ich der Rohling. Rohling? Rohling? Bin ich eben Rohling.

Max Goldt hat heute angefangen zu twittern: Boing.
Dies natürlich weil ich gestern geschrieben habe, er solle tagebuchbloggen. Er dachte sich daraufhin: ich kann jetzt nicht einfach so anfangen tagebuchzubloggen, dann weiß ja jeder, dass ich das vom Mek hab. Dann gehe ich eben twittern.

Zuhause K badend vorgefunden. Die Krankheit aus dem Leib baden. Dann habe ich ihr Agota Kristof vorgelesen und währenddessen die linke Hand ins warme Wasser gehalten. Ich las aus dem dritten Teil der Trilogie über den Schmerz und den Tod. Jetzt tuhe ich noch ein bisschen pensieren weil noch die Sonne scheint und das ja so beflügelt. Und danach lese ich weiter vor.

[6.5.]

Der leichte Gaumenschmerz von gestern, den ich aus Gründen der Irrelevanz nicht tagebuchgebloggt habe ist heute zu einem ausgereiften Abszess herangewachsen weshalb er jetzt relevant genug ist ihn zu bloggen. Hätte ich ihm gestern die nötige Aufmerksamkeit gegeben, wäre der leichte Gaumenschmerz möglicherweise ein leichter Gaumenschmerz geblieben. Der eitle Sonnenschein.
Meine linke Kopfhälfte tat weh und mein linkes Auge tränte. Somit habe ich meinen Gang ins Büro heute sein lassen und mich krank gemeldet. Bevor ich den obligatorischen Rundgang zu Arzt und Zahnarzt gelaufen bin, habe ich mir eine Nadel in den Gaumen gestochen, was ziemlich weh tat, und danach merkwürdig schmeckte, aber der akute Abszessschmerz, der war dann weg.
Die Zahnärztin will sich das demnächst aber trotzdem mal ansehen.

Karten für Max Goldt am Abend gehabt. Eine Lesung. K wurde krank, so bin ich mit Lisa ins Berliner Ensemble gegangen. Max Goldt war sehr unterhaltsam. Und auch lustig. Neben den üblichen Dingen die man über ihn sagt und kennt, fand ich beim Zuhören ja vor allem dieses unerwartete Zurückkommen auf den Ausgangspunkt, nachdem er sich in den Gedanken so formidabel hochgesponnen hat, dramaturgisch so wunderbar in Szene gesetzt. Das wirkt beim Lesen ja nicht so. Lisa hat viel gelacht. Und ich auch. Und mir beim Tippen dieser Zeilen gedacht wie sehr viel besser er das doch machen würde, dieses Tagebuchbloggen, und ja, genau: er wäre so der Supertagebuchblogger. Wenn er das bloß wüsste.

[4.5.]

Den ganzen Tag gerotzt ohne krank zu sein. Und Meerwasserspray in die Nase gesprüht. Den Witz mit der Schweinegrippe ein paarmal zu oft gehört. Niemand findet ihn mehr witzig, aber niemand kann sich dabei zurückhalten. Grunz.
Etwas gegessen hab ich auch. Gefrühstückt und zu Mittag gegessen. Und Abendmahl.
Im Büro Sachen erledigt.
Hehe.

[3.5.]

Auch Madame Modeste bloggt übrigens Tagebuch.

Heute viel vorgehabt: zwei LOST-Folgen schauen, Basilikumsamen wässern, bisschen mit Imre Kertesz im Bett liegen, K’s Fahrrad straßentauglich schrauben, dann einweihen und ihr beim Hervorholen der Sommergarderobe zur Seite stehen.
Letzteres spielte zeitlich die Dominante und verdrängte alles was ich an Plänen für den Sonntag hatte. Was aber durchaus amüsant war. Ich hatte Mitspracherecht beim Sortieren (Ausmisten) und mir mit ziemlicher Mühe Vetorecht auf die kurzen Kleider erkämpft. Keines davon ist im Container gelandet. Ich habe da so ein Auge.

Und dann diesen lauwarmen windigen Regen verpasst.

[2.5.]

Gestern dann das Komponentenfrühstück erlegt. Was zum Auswählen und Sortieren ziemlich kompliziert war, aber inhaltlich sehr gut geschmeckt hat (Käse und Wurst und Brot, mit Kaffe und Osaft, uhm). Morgens, draußen in der Sonne in der Brunnenstraße. Den Verkehrslärm im Ohr. Dabei die TAZ gelesen und von Judith Hermanns neuem Buch erfahren.

Nachher den viel zu lange aufgeschobenen Drink mit Lisa im Weltempfänger am Arkonaplatz getrunken. Prosecco mit Aperol. Man muss in Berlin noch lernen die Getränke liebevoller zu servieren. Prosecco mit Aperol leuchtet die Nachmittagssonne ganz anders aus wenn man es mit Eis und einer Zitronen- oder Orangenscheibe serviert. Im Sektglas und mit garnix ist Prosecco mit Aperol ziemlich tot.
Aber bei der charmanten Begleitung in der ich mich befand war mir das ziemlich egal. Es wiegt sich alles auf. Ich wollte das nur erwähnen, weil es gestern im Volkspark Friedrichshain auch schon so war: Lieblos. Der Prosecco mit Aperol. Und man weiss ja nie in welcher Gesellschaft man sich befindet.

Nachher nach hause gefahren an dem Text weiterzuarbeiten, habe allerdings nur Musik gehört.
Später waren wir dann im Kreuzberger Wrangelkiez essen. Bei Da Gino. Der letzte Abend mit B.
Mein Tagebuchblog deprimiert mich gerade fürchterbarlichst. Essen trinken essen trinken. Sitzen. Ich habe natürlich nichts von den guten Gesprächen berichtet.
Nach dem Abendessen waren B und K müde. Die Sonne, der Wein, das Essen, die langen Wege die sie gelaufen sind. Ich wollte noch zu M’s Umtrunk gehen, wusste aber um meine eigene Verfassung und entschied mich dagegen. Was eine gute Wahl gewesen ist.

[1.5.]

Zier. Gestern beim Feiern und vorgstern beim Nachdenken und die ganze letzte Woche beim Fahrradfahren, dachte ich daran diese Tagebuchblogsache noch ein bisschen zu verlängern, einen weiteren Monat, weil es noch nicht ganz zu dem geworden ist was ich dachte, dass es werden würde können (würde Würde werden mürbe).
Es fehlt noch der letzte Pling, oder vielleicht fehlt gar nichts, sondern ist es schlicht anders geworden als ich es erdachte hatte (werdewürdekönnen), auch wenn ich nie wusste was es werden würdete, doch hatte ich immer diesen Ton im Kopf den ich festhalten wollte.
Pling.

K und ich wollten heute mit B frühstücken: Kein Brunchbuffet sondern Komponentenfrühstück. Das ist wieder altmodisch ist wieder modern ist wieder altmodisch.
Aber dann. Nicht wegen der Frage der Mode sondern wegen des vielen Kaffees zuhause, sind wir stattdessen ins Due Forni am Senefelder Platz gegangen und haben riesige Pizzen verschlungen und dazu Alsterwasser getrunken. Und danach in den Volkspark Friedrichshain uns am Fuße des großen Bunkerberges, unweit der Bühne mit den Rockbands in die Sonne gelegt und den leichten Alsterwasserkopf ausgeschlafen. Ich wurde wieder wach weil ich etwas auf meinem Hintern spürte (ich schlief auf dem Bauch) und als ich im Reflex die Arschbacken zusammenkniff ging es weg. Von dieser Erfahrung wurde ich wach. Danach beim Nachdenken darüber, wusste ich, dass es ein Spatz gewesen sein musste. Das war irgendwie ulkig. Oder vielleicht eher: nett.

Rest des Tages: Irgendwann war es dann elf Uhr abends.

[30.4.]

Der April zuende. Gestern waren die Banken im Scheunenviertel zugenagelt. Verstärkte Polizeigruppen an vielen Ecken und Hofeingängen von Mitte hoch bis zum Mauerpark. Der Mauerpark mit Flutlicht ausgeleuchtet.
Ich mag diese ahnende Stimmung ja sehr. Auch wenn mir die Randalkinder mit ihren vorgeschobenen Argumenten für ein Stück Stadtkriegsromantik unheimlich auf die Nerven gehen.
Ich weiß leider wie sie sich fühlen. Und wie unbeirrbar man sich im Recht sieht.

B aus Wien ist zu Besuch. Wir waren essen und danach haben wir noch die feiernden Mengen im Mauerpark verstärkt. Das Flutlicht war cool, irgendwie eigenartig bedrohlich in der Nacht. Es ließ allerdings keine Hexenstimmung aufkommen, zudem merkte man wie jung die Leute sind. Das Bier haben wir dann bald ausgetrunken gehabt.