Wenn die Tante im Finanzamt bloggen würde, dann würde sie bloggen: dieser verfickte übergewichtige Schnösel mit seiner verfickten guten Laune, wenn der mir noch einmal mit seinem verfickten Grinsen kommt, und mir nen verfickten schönen Tahaach wünscht, dann tackere ich ihm seinen verfickten Kirchenaustritt an seinen Kopp.
Monat: Juni 2011
[…]
Neulich hatte ich einen Gedanken, der mir ein irres Glücksgefühl bescherte. Dummerweise wurde ich für einen Augenblick abgelenkt und daraufhin bekam ich den glücklichen Gedanken nicht mehr zurück. Ich wusste nur, dass ich diesen Gedanken gehabt hatte und versuchte mich verzweifelt daran zu erinnern. Aber er blieb weg, das war schon sehr ärgerlich.
Später, viel später dann, auf dem Nachhauseweg, kam der Gedanke wieder zurück, und als ich merkte, dass es der Gedanke an den Friseurtermin war, der mich glücklich gemacht hatte, war ich wegen seiner Banalität ein wenig beschämt. Und trotzdem blieb ich erfreut. Eigenartigerweise erfüllte mich der Gedanke nicht mehr mit dem selben Glück, sondern mit einer sonderbaren Gehetztheit und doch wusste ich, dass es sich um den selben Gedanken handelte, nur seltsam ausgelutscht.
[hrvat]
Was mir an meiner neuen Funktion als Teamleiter gründlich missfällt, ist nur die Unmöglichkeit Krawatten zu tragen. Als normaler Angestellter war das immer subversiv mit Schlips und Kragen aufzutauchen, zumal in einem IT-Umfeld, in dem es unter Männern zum guten Ton gehört, in Jeans und T-Shirt anzutreten. Ich trage Krawatte, weil es wichtig ist, die Welt vor der Vergammelung zu retten. Und weil dünne Krawatten dünn machen. Ich trage gerne Krawatten, ich könnte in Krawatten schlafen, mich in Krawatten baden, wühlen, suhlen, manchmal fühle ich mich wie eine Krawatte. Wenn ich am Tresen hänge, habe ich oft das Gefühl ich sei oben Windsor-Knoten und unten baumeln meine Beine als Krawattenspitze am Boden.
Als Teamleiter ist alles ganz anders. Vom Kampf gegen die Vergammelung gerate ich in die Rolle des Vorarbeiters, des Fürdenkers von Rechtschaffenheit und Gleichform.
Neulich dem Abteilungsmeeting musste ich mich den Menschen vorstellen, ein bisschen von mir erzählen, ich wollte sagen: Hey Leute, sorry, aber ich trage gerne Krawatte, ich werde morgen mit Schlips ins Büro kommen, tut mir leid, nehmt es mir nicht übel, ich habe das immer schon gemacht, bedeutet nichts.
Aber dann habe ich es einfach vergessen. Es war mir wohl nicht wichtig.
#
Apropos gute Kleidung. Gestern saß ich mit meinem Wiener Freund H vor dem Fernseher. Wir waren am Tage unterwegs gewesen, am Abend knallten wir uns müde vor den Fernseher, es lief Frauenfußball, wir hatten uns lange darauf gefreut. Wir saßen im Unterhemd auf dem Sofa, rochen nach Schweiß und tranken Bier.
K fotografierte uns, über eine Veröffentlichung des Fotos waren wir uns schnell einig.
[…]
Weil es mich beschäftigt. Liste von Orten, an denen Berlin nach Sperma riecht:
* Rosenstraße Ecke Rochstraße (morgens)
* Brunnenstraße auf Höhe der Nummern 10 bis 14 (fast immer)
* An der Ampel Karl-Marx-Allee / Otto-Braun-Straße (immer)
* Holzmarktstraße (unterschiedliche, variierende Stellen zwischen Ostbahnhof und Jannowitzbrücke) (morgens)
* Bethaniendamm im Bereich Wrangelstraße (oft)
* Ruppiner Straße, wenn man auf die Bernauer hinausfährt (immer)
* Topsstraße Einmündung Schönhauser Allee (selten, aber regelmäßig)
* Spittelmarkt Südseite (immer)
* Reinhardtstraße westlicher Abschnitt (immer)
* Moritzplatz (nicht mehr)
[ha-be-eff]
Das war so: Axelk und LadyGrey sind nach Berlin gekommen. Ich habe sie im Hotel Circus am Rosenthaler Platz abgeholt, sie bewohnten ein wunderbares Appartement mit Blick über die Torstraße und dem Scheunenviertel. Eigentlich wollten wir da gar nicht mehr weg, aber wir hatten nichts zu trinken, und ich sollte sie ja durch Berlin führen, so gingen wir los, Hackescher Markt, Oranienburger, Friedrichsstraße, Linden, Brandenburger Tor, Alex, Nikolaiviertel, und danach mit der S-Bahn zur Warschauer Brücke, Pizza und Bier beim Ritrovo am Boxhagener Platz, K kam dazu, wir redeten über Hamburg und besiegelten die Hamburg-Berlinische Freundschaft mit Grappa und Averna. Dann sind wir zurückgeschlendert bis zum Frankfurter Tor, sind dort in die M10 gestiegen, die Partystraßenbahn, diesmal ohne Party, sind gefahren bis zur Schönhauser und haben uns dort noch in den Pratergarten gesetzt, das Eigenbräu getrunken, über uns der Berliner Himmel, der irgendwann samt Mond und Wind und Trost über uns hereinbrach. Dass wir nur noch den Prenzlauer Berg hinunterrollen brauchten.
So war das. Aber es war auch wieder ganz anders.
[businessvalue]
Es blitzte dann das Blaulicht auf. K sagte, hey, Action in unserer Straße. Wir öffneten das Fenster, sahen die Feuerwehr, wow AUFREGUNG, aber dann die Erkenntnis, die Aufregung in Aufregung umschlagen ließ: der Feuerwehrtrupp stand in unserem Hauseingang und wuchtete schwere Geräte und Schläuche in das Haus. Ich wusste gleich: die Sache mit den “überfluteten Kellern”, von denen man in den Blättern liest. Keine so tolle Sache, gibt dem Gewitter aber eine noch romantischere Dimension.
Ich lief runter und sah den Männern beim Pumpen zu, lauschte den Fachgesprächen, gab den Betroffenenen, tat besorgt. Am Ende fragte ich nach einer RCA (Root Cause Analysis), wie nun weiter zu verfahren sei, bekämen wir Post, würden wir ein Meeting halten mit den Fachmännern vom Dienst und weitere Maßnahmen treffen?
Nein. Sie seien nur dazu da das Problem zu beseitigen. Das war wirklich so: sie zogen nach getaner Arbeit wieder ab.
Wir haben ein neues Projekt.