Jetzt hat es mich auch erwischt. Fünf Euro, weil ich letzte Woche nichts gebloggd habe. Ich bin seit Januar auch ein Ironblogger, was nichts anderes bedeutet als eisern jede Woche mindestens einen Eintrag im eigenen Blog zu verfassen. Tut man das nicht, zahlt man fünf Euro in einen Topf ein, der regelmäßig geleert wird. Bei diesen Leerungen kommen die Ironblogger zusammen und trinken so viel Bier bis kein Geld mehr im Topf ist. Wenn das Geld weg ist, trinkt man vermutlich einfach weiter.
Ich bin da ja total die Zielgruppe. Ich blogge seit einigen Jahren etwa 0,8 Beiträge in der Woche. Früher habe ich täglich etwas geschrieben, mittlerweile beginne ich oft Einträge, habe aber keine Lust sie zu Ende zu denken, oder ich bin zu müde, manchmal fehlt mir auch der Glaube, dass den Eintrag jemanden interessieren könnte, die Relevanzfrage also. Was natürlich Käse ist. Jetzt bleibe ich eisern dabei. Diesen Eintrag zum Beispiel schiebe ich schon seit Wochen mit mir herum. Ich wollte über das Ironbloggen schreiben, falls ich mal nichts zum Schreiben haben, ist ja praktisch, so ein Thema auf der hohen Kante zu haben. Letzte Woche Sonntag wusste ich dann nicht, wie ich diesen Eintrag anfangen soll. Dann Patzbumm. Woche um, fünf Euro weg. Am Montag begann ich dann diesen Eintrag, ich schrieb “Jetzt hat es mich auch erwischt”. Ich schrieb jeden Tag eine oder zwei Zeilen darüber. Jetzt ist aber wieder Sonntag, es war keine sehr blogbare Woche, aber ich habe ja dieses Thema, jetzt muss ich den Text nur noch irgendwie fertigkriegen.
Monat: März 2014
[uh]
Das Gekeife der Leute. Dass Hoeneß in den Knast muss. Dieses Bestrafen, Rächen, ihn leiden sehen, die Befriedigung, der Schaum vorm Mund.
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Als er sagte, er wolle sich nicht dagegen wehren, sich der Strafe stellen, das Eingeständnis der Schuld, die Demut auch, ich kaufe ihm das alles ab, wie er sich dem Schicksal stellt. Natürlich kommt er früher frei, natürlich wird er im Knast nicht mit feuchten Handtuchknoten bearbeitet, natürlich ist er ein Edelknacki, aber wie er sich dem Schicksal stellt, mit seinen Millionen, dieses Übermaß an Freiheit und Möglichkeiten, die sein Leben ihm immer boten. Dies jetzt unter Demut einzutauschen mit der Akzeptanz des Freiheitsentzugs, während draußen die Leute weiterkeifen. Boah, was für eine Grandezza.
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Andererseits: Während die vielen Millionen draußen warten sind die paar Knastjahre ohnehin nichts weiter als eine Pause. Vergleichbar mit Managern, die sich ins Kloster zurückziehen um ihr Leben zu reflektieren. Wie gesagt, ich kaufe es ihm ab, wenn er die Steuerhinterziehung als seinen größten Fehler bezeichnet. Jetzt bezieht er mit gesenktem Haupt seine Mönchszelle und wird beten.
Das meine ich völlig unironisch.
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Allerdings: ich wünsche ihm keinen zahnlosen Dortmund-Hool als Zellengenosse.
Dabei finde ich Steuerhinterzug wie auch seinen Fussballclub ziemlich Stuhlgang.
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Außerdem habe ich Knast ohnehin nie verstanden. Sperrt man nicht Leute weg, wenn sie gefährlich für die anderen sind? Was habe ich davon einen Steuerstraftäter wegzusperren? Immerhin kostet er “uns” jetzt Geld. Ist es nicht sinnvoller jemanden wie ihn am Geld zu belangen? Irgendeine Wurzelrechnung aus den Siebenundzwanzig Millionen ziehen, das Geld den Armen geben und den Hoeneß ziehen lassen?
Achso, das Keifen der Leute.
[tumileid]
Man kann sich ja nicht entschuldigen. Man kann nur um Entschuldigung bitten. Es bleibt dem anderen überlassen ob er einen entschuldet. Dieser Andere kann auch keine Entschuldigung annehmen, sondern er kann nur entschulden. Dafür wurde das Leidtun erfunden. Man kann sagen, dass es einem Leid tut, damit sagt man dem Leidtragenden, dass das eigene Verhalten nicht okay war, jedoch ist es ihm freigestellt, ob es zu so etwas wie einer Entschuldung kommt. Man selbst gerät in die Rolle des Demütigen, der über sich urteilen lässt. Findet eine Entschuldung des Leidtragenden nicht statt, worauf der Leidtragende sein gutes Recht hat, ist er halt ein bisschen grummelig und nachtragend, es ist aber sein Recht. Leidtun ist hauptsächlich für Eilige sinnvoll, wenn man mit Koffern durch den Flughafen (oder mit Ellbogen durch die Welt) marschiert. Man hat nicht die Zeit, stets abzuwarten ob es zu einer Entschuldung kommt, sondern man wirft bei Anremplern einfach ein “Tut mir leid” durch die Gegend, in der Hoffnung, dass der eine oder andere eine Entschuldung ausspricht. Mit ein bisschen Glück kommt man auf eine Entschuldungsquote von über 50% (“Ist okay, kein Problem”) und man selber läuft nicht mit dieser ungeheuerlichen Schuldlast herum. Und mal ehrlich, die Grummeligen und Nachtragenden, die einen nicht entschulden, sind doch immer ein bisschen selbst schuld.
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Jetzt bin ich auch weg von ICQ Whatsapp und hinüber zu Telegram. Dort sitzen schon zehn meiner Kontakte. Die üblichen Verdächtigen. Punker, Quersitzer, Blogger, Mörder und Räuber. Back home.
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Wiedermal die Retouren-Kartons auf die Post gegeben. Den letzten Karton habe ich aus Mangel an Fußballzeitungen mit einem Ausdruck eines älteren Manuskriptes ausgepolstert. Da ich Angst hatte, jemand bei der Telekom würde mit meiner Arbeit zum Millionär und gefeierten Romancier, habe ich die erste von 160 Seiten weggelassen. K sagt, ich hätte besser jedes zweite Wort durchgestrichen. Da hat sie natürlich recht. Ich dachte, das Fehlen einer Seite bringt das Kunstwerk aus der Balance. Aber man kann es nicht oft genug wiederholen: unterschätzt nicht den Wert von Fragmenten.
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Wenn Männer in der U-Bahn breitbeinig und das Territorium markierend sitzen, braucht man nur zärtlich zu sein. Den Oberschenkel an seinen Oberschenkel reiben. Ohne Druck, nur zärtlich reiben. Zwei mal, das reicht. Dann hat man wieder Platz. Das funktioniert natürlich nur unter Männern.