[was schön war. Letzte Juliwoche, erste Augusthälfte 2020]

Mein Fussballverein Hertha BSC wurde auf einer Parkbank auf dem Arkonaplatz in Mitte gegründet. Zwei minderjährige Brüderpaare benannten ihren Verein nach einem Haveldampfer mit dem sie an einem der vorherigen Wochenenden herumgetuckert sind.

Wir finden diese Geschichte so schön, dass wir den Hertha Geburtstag auf einer Parkbank auf dem Arkonaplatz verbracht haben. Wir, das ist der Fanclub namens Axel Kruse Jugend. Ich habe 10 Jahre lang um die Ecke beim Arkonaplatz gewohnt und es hat mich immer schon beschäftigt, dass der Arkonaplatz durch die Jahrzehnte, Kriege und Teilung der Stadt hinweg, ganz aus der Hertha Kultur verschwunden ist. Dabei ist nichts einfacher als Geburtstag zu feiern. Und so war es dann auch. Wir waren zu viert, haben eine Kiste Bier gekauft, einen Flyer gedruckt und auf Twitter Leute eingeladen. Und weil Geburtstage zu feiern so schön ist, sind dann auch viele Leute gekommen und sogar das Fernsehen. Im Fernsehen sieht man 10 Kilos dicker aus, sagte man. Das kann ich jetzt bestätigen.

Das machen wir jetzt jedes Jahr.

Es kamen auch drei Polizistinnen. Sie wurden gerufen. Verdächtige Menschenmengen. Wir kümmerten uns um sie und erzählten ihnen, was wir da machen. Der Geburtstag von Herhta, soso. Eigentlich würden wir gar nichts machen, nur ein bisschen wegen des Geburtstages unseres Vereines herumhängen. Was man an Geburtstagen halt so macht. Wir gaben ihnen einen Flyer. Die jüngste und stillste der drei, nahm den Flyer an und studierte ihn mit Zornesfalte und der Ernsthaftigkeit einer angehenden Polizistin.

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Mein kleines Auto hat ja so gut wie keine Ausstattung. Ein Feature das ich letzten Herbst in Irland im Mietauto zu schätzen gelernt habe, ist ein Tempomat. Dieses Festsetzen einer Geschwindigkeit, das ist schon eine tolle Erfindung. Nun ist es bei mir ja so, dass ich seit einigen Jahren immer zu schnell fahre. Nicht, weil ich ein Raser wäre, sondern weil ich ein schlechtes Geschwindigkeitsmanagement habe. Ich fahre immer nach Bauchgefühl und stimme meine Geschwindkeit sehr ungerne mit dem Tacho ab. Manchmal werde ich dabei auch etwas aggressiv und entwickle eine diebische Freude wenn ich mit meinem untermotorisierten Wagen dicke Audis überhole und dabei Black Metal höre.

Vernünftig ist das nicht. Das weiß ich schon.

In Irland habe ich dann gemerkt wie entspannt das ist, wenn man das Auto einfach auf eine bestimmte Geschwindigkeit festsetzen kann. Ich komme dann nicht in Verlegenheit schnell zu sein und kann mich anderen Gedanken widmen.

Ich habe das jetzt in meinem Auto nachrüsten lassen. Und echt jetzt. Ich habe ganz neue Verliebtheitsgefühle.

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Ich bin jetzt in Schweden. Bei dem Häuschen im Wald, wo ich immer meinen Sommer verbringe. Dieses Frühjahr ist der Fluss über die Ufer getreten und hat unsere selbstgezimmerte Badebrücke mitgerissen. Später fanden wir sie zweihundert Meter weiter am Waldrand, fernab des Flusses.

Wir werden dieses Jahr nicht nach Göteborg fahren sondern die meiste Zeit im Wald verbringen. Die Schweden sind anders drauf als der Rest Europas. Sie tragen keine Masken. Nirgendwo. Dafür halten sie konsequent Abstand. Ich kann nicht einschätzen ob das gut ist, ich habe mich aber so sehr an die Masken gewöhnt, dass ich mich seltsam nackig fände wenn ich Geschäfte ohne sie beträte. Ich behalte die Maske so gut wie immer auf. Man wird allerdings merwürdig angesehen. Wenn das passiert, hustet meine Frau immer auffällig. Die Leute gehen dann ganz von alleine.