[einnordung]

Auf dem Weg nach Hamburg fällt mir der lästige Ohrwurm erst auf. Ich möchte mit diesem Ohrwurm nicht die ganze Zeit bis nach Schweden verbringen. Es ist das Lied „Nur nach Hause“, das die Hertha-Fans im Stadion singen, um die Mannschaft zu begrüßen, es handelt sich dabei um eine Umdichtung von Rod Stewards „I am sailing“. Im Stadion, gebrüllt aus sechzigtausend Kehlen bewegt mich das Lied immer sehr (wirklich wahr), aber in meinem Kopf wächst das Lied zu einem großen, grimmigen Wurm heran. Ich habe, wie üblich, wieder die Köpfhörer vergessen. In Hamburg muss ich umsteigen, ich habe eine halbe Stunde im Hauptbahnhof und versuche daher mein Glück bei Rossmann, wo sie jedoch nur diese großen Kopfhörer (in giftgrün und in pink) führen. Ich sage, ich sei auf Reisen, ich möchte nur Leichtgepäck, ob sie nicht auf die kleinen Ohrknöpfe hätten. Man sagt mir, man führe nur die großen, wenn ich andere haben wolle, müsse ich eben zu Saturn, aber Saturn öffne erst um zehn. Ich sage OK, haben sie diese in einer anderen Farbe als pink oder giftgrün? Man sagt mir nein, hätten sie nicht. Dann beschließe ich, nichts zu kaufen, verlasse den Laden und überlege, jemandem seine Kopfhörer abzuhandeln, finde das bei näherer Betrachtung aber ziemlich übertrieben und kehre zu Rossmann zurück, wo ich mich für die giftgrünen Kopfhörer für 7,95 entscheide.

Der Zug nach Kopenhagen ist voll. Ich will den Wurm sofort töten, setze die Hörer auf und schalte Lana del Rey an. Die Frau gegenüber schaut meinen giftgrünen Einkauf auf meinem Haupt an und lacht. Fünf Minuten später lacht auch ihre Sitznachbarin.

Vorne über mir hängt ein Namensschild von einem Koffer herab. Es steht die Anschrift und der volle Name einer Frau drauf. Ich schlage Sabine aus Bochum bei Facebook nach und finde sie sofort, es ist die junge Frau vom Nebentisch. Ihre letzter Eintrag ist von Freitagnachmittag, sie schrieb: „Urlaub !!!!“

Hach. Urlaub.

Im Abteil sitzt eine koreanische Großfamilie. Sechs Erwachsene und unzählige Kinder. Es piept und fliept und tutet. Die Kinder sind mit elektronischen Geräten ausgestattet. Tröt, Tüt, Pchhh. Ich schreibe das auf, weil ich das Klischee so witzig finde, realisiere aber, dass ich in den letzten Jahren noch nie so viele europäische Kinder zusammen auf einer Bahnfahrt gesehen habe. (Prompt piept mein Handy, als würde es eine Meinung zu dem Thema habe.)