[So, 1.12.2024 – Nuuk, Nase, Fehmarn]

Seit drei Tagen gibt es Direktflüge von Kopenhagen nach Nuuk in Grönland. Bisher konnte man Nuuk lediglich über Reykjavík anfliegen, deswegen planen wir für den anstehenden Herbst eine Reise nach Island, von wo aus wir für ein paar Tage nach Grönland übersetzen werden. Wir sparen uns ein bisschen Geld, weil meine Frau da an einer Tagung in Reykjavík teilnehmen wird und die Hotelkosten daher vermutlich vom Veranstalter übernommen werden, somit muss nur ich für meine eigenen Flugkosten aufkommen. Wenn es jetzt aber Direktflüge von Kopenhagen aus gibt, dann können wir uns auch überlegen, die Grönlandreise unabhängig von Island zu planen.

Die Nachricht dieser Direktverbindung löste eine ungemeine Freude in mir aus. Allerdings wird die Euphorie von den Preisen gedämpft. In Summe ist es zwar immer noch günstiger als ein Flug via Reykjavik, aber man muss erst mal auch bis nach Kopenhagen kommen. Wir könnten den Flug mit einer Reise nach Schweden verbinden, weil wir da ohnehin durch Kopenhagen reisen, allerdings ist das auch irgendwie blöd: Man fährt in den Urlaub, um irgendwo anders Urlaub zu machen und auf dem Rückweg zum ursprünglichen Urlaubsziel weiterzureisen.

Während ich das alles hier aufschreibe, ist meine Freude wieder gewichten.

Dabei bin ich gerade leicht erkältet. Die Augen brennen und die Nase ist verstopft. Ich habe es bisher vermieden, Nasenspray zu verwenden. Seit der Nasenoperation im Januar bin ich vom Spray losgekommen und ich bin jeden Tag glücklich darüber, dass ich nie mehr danach greifen musste. Es liegen noch zwei angefangene Fläschchen in der Schublade, die ich als Notration vorrätig halte, ich konnte mich aber immer zurückhalten, sie zu verwenden. Vermutlich wäre es harmlos, wenn ich mich für einen besseren Schlaf einen Sprühstoss in die Nase geben würde. Ich habe allerdings irrationale Angst davor, dass mein Körper sich an dieses schöne, befreiende Gefühl erinnert und sofort wieder abhängig wird.

Am Samstagabend war ich bei meinem Freund Klaus auf eine kleine Wohnzimmerparty mit Mezcal eingeladen. Weil ich fürchtete, dort mit einer akut verstopften Nase hängen zu bleiben, nahm ich mir eines der beiden Fläschchen mit. Man weiss nie, wie der Körper auf Alkohol reagiert oder wenn Leute in meiner Umgebung rauchen. Glücklicherweise kam es aber nicht dazu. Also zur Verstopfung. Zum Alkohol kam es schon.

Ausserdem habe ich mich auf eine Stelle auf der Insel Fehmarn beworben. Es geht um die Übernahme einer Fahrradverleihfirma. Ich würde dort das Geschäft führen und drei bis vier Tage pro Woche auf der Insel verbringen. Das wäre mal etwas ganz anderes und der Gedanke gefällt mir wesentlich besser als in einer IT Butze wieder irgendwelche Strategien auf Papier bringen und Reports anstarren.
Auch meine Frau fand den Plan gar nicht so schlecht. Wir würden einander weniger sehen, aber das kann man sich ja gut einrichten, dann hat die Zeit, die man miteinander verbringt, auch mehr Qualität. Das muss nicht schlecht sein. Wie wir das mit der Hündin machen, müssten wir noch klären. Wenn sie mit ins Büro gehen kann, wäre es besser, sie kommt immer mit mir mit. Aber ich befinde mich schon sehr weit in der Zukunft. Ich habe gerade erst die Bewerbung abgeschickt.

Mit dem Auto fährt man vier Stunden. Mit der Bahn sieben. Mit dem Fahrrad sind es 19 Stunden und zu Fuss 3 Tage. Vielleicht ist die Idee auch nur so mittelmässig gut.

[Fr, 29.11.2024 – Trinkgeld, Deckel, verwildert, Wal]

Vor einigen Tagen steckte ich unserem DHL-Mann einen Umschlag mit 20 Euro zu. Unser DHL-Mann ist ein sehr netter, freundlicher, bisschen schüchterner Pole und bisher hat er von mir noch nie Trinkgeld erhalten. Ich glaube, das ist auch nicht üblich. Allerdings erhalten wir sehr oft DHL-Pakete, es war durchaus an der Zeit, sich mit einer nette Geste erkenntlich zu zeigen. Ich wünschte ihm dabei Frohe Weihnachten. Er bedankte sich, jedoch nahm er den Umschlag ohne emotionale Regung entgegen. Mir kommt vor, dass es ihm unangenehm war. Mir kommt es auch vor, dass er sich seitdem anders verhält. Ich sehe ihn täglich. Auch bei uns im Kiez, wenn ich mit der Hündin spazieren gehe. Bisher grüsste er immer. Seit ich ihm den Umschlag überreichte, grüsst er aber anders.

Meine Frau sagt, ich würde das overthinken. Kann sein.

Overthinken. Auch so ein Wort. Es lässt sich nicht in „Überdenken“ übertragen.

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Morgens schwebte ein finsterer Deckel über Berlin. An seinen Rändern schien eine wunderbare Wintersonne herein.

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Am Nachmittag spazierte ich lange mit Frau Casino. Wir trafen uns in der Greifswalder am Anton-Saefkow-Park und begaben uns zum Volkspark Prenzlauer Berg auf der anderen Seite der Gleise. Ich mag diesen grossen, verlassenen Park ja sehr. Wir waren uns nicht sicher, ob wir den Park verwildert oder ungepflegt bezeichnen sollten. Das weiss man in Berlin ja nie genau. Wobei das eine Frage ist, die man über diese ganze Stadt ausweiten kann.

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Ich werde den Wal vermissen:

[Do, 28.11.2024 – Mantrailing, Sprachen]

Ausser von alltäglichen Erledigungen gibt es nicht viel zu berichten. Auch wenn es Sinn des Tagebuchbloggens auch ist, dass man die geschehenen Dinge am Abend auf ein Podest stellt und sie anschaut. Es gibt dann immer erstaunliche Dinge, die man darin entdeckt. Mir fehlte vielleicht die Muße, das Podest herauszusuchen.

Was ist also passiert:

  • Ich liess mich gegen Grippe und FSME impfen
  • Die Läufigkeit der Hündin ist vorbei und sie geht wieder mit der Gassigang mit
  • Ich brachte meine Schwiegereltern zum Flughafen
  • Ich befinde mich noch im Austausch mit einer Literaturagentin

Ausserdem meldete ich die Hündin für einen Mantrailingkurs an. Das soll für Hunde ungemein anregend sein. Menschen verstecken sich irgendwo im Wald und die Hunde müssen den Menschen finden. Was einfach klingt, erfordert ein durchaus anspruchsvolles Training. Darauf bin ich sehr gespannt. Mein Ziel ist es, dass wir sie zukünftig zum Pilzesuchen einsetzen können. Schnüffelhunde wie Pudel eigenen sich beispielsweise um Trüffel zu finden. Sie werden sogar den Schweinen vorgezogen, weil sie im Gegensatz zu Schweinen die Trüffel nicht fressen.

Nun werden wir in Brandenburg sicherlich keine Trüffel finden, es reicht mir aber, wenn sie in Schweden Pfifferlinge aufstöbern kann.

Zwei Punkte, die ich noch in meinen Notizen stehen habe, waren jeweils die Sprachen bei meinen Treffen sowohl mit Katrien wie auch mit Fede. Mit Katrien sprach ich natürlich auf Niederländisch bzw. sie mit mir auf Flämisch. Das ist die gleiche Sprache, aber in der Konversation muss man sich das vorstellen, als würde eine Deutsche mit einer Schweizerin sprechen. Wir hätten uns auch zu viert treffen können, also mit ihrem Freund und meiner Frau, aber ihr Freund ist Wallone, er spricht daher nur französisch und wie es mit Frankofonen oft üblich ist, sprechen sie kaum englisch. So war das auch bei ihrem Freund der Fall. Meine Frau spricht hingegen sehr gutes Englisch, aber kein französisch und sicherlich auch kein flämisch oder Niederländisch. Nicht, dass wir ernsthaft in Betracht zogen, uns zu viert zu treffen, aber es scheiterte bereits an den Sprachen. Auch das ist Europa.

Mit Fede sprach ich hingegen italienisch. Da sie aber schon seit knapp zwei Jahrzehnten in Mexiko lebt und dort täglich spanisch spricht, ist ihr die Flüssigkeit in der italienischen Sprache abhandengekommen. Sie streute oft spanische Wörter ein und bildete mir fremde Satzstrukturen, die ich jetzt mal als spanisch interpretiere. Und wenn sie über ihren toten britischen Ex-Mann und der Ermittlungen sprach, driftete sie ständig ins Englische ab.

Mich amüsierte das.

Blixa Bargeld sagte einmal irgendwo einen nur halbklugen Satz, dass die Muttersprache diejenige sei, in der man auch träumt. Das ist vermutlich romantischer Quatsch. Ich träume immer in jener Sprache, die ich im Alltag verwende. Lange träumte und zählte ich auf Niederländisch. Oder auch englisch und italienisch oder sogar spanisch.

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Die Jahreszeit beginnt wieder:

[Di, 26.11.2024 – Pannbiff, Spätherbst in Schweden]

Abends bereitete ich Pannbiff zu. Das sind schwedische Buletten, die mit karamellisierten Zwiebeln und Kartoffelbrei serviert werden. Ich kündigte meinen Schwiegereltern an, dass sie heute den besten Pannbiff südlich von Falsterbo bekämen. Ich sage manchmal solchen grossspurigen Scheiss um mich unter Druck zu setzen und den Leuten Unterhaltung zu bieten. Ich habe bisher nur einmal Pannbiff gemacht. Die fand ich ausgezeichnet. Aber ehrlicherweise kann man auch nicht viel falsch machen.

Meine Schwiegermutter bedankte sich während des Essens und sagte, dass sie sich an ihre Kindheit erinnert fühle. So wie ich es beherrsche, den Mund voll zu nehmen, so beherrscht meine Schwiegermutter die Kunst, ihre Komplimente an mein Niveau anzupassen.

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Heute erhielt ich Fotos aus Schweden. Von der Frau des Cousins meiner Frau, die ja mit ihrem Mann zwei Kilometer flussaufwärts von unserem Häuschen lebt. Das heisst, eigentlich leben sie im November nicht mehr da, zwischen November und März wohnen sie in ihrer Stadtwohnung in Göteborg. Ihr Sommerhaus ist für die ganz kalten Monate zu schlecht isoliert. Aber am Wochenende fahren sie manchmal hin.

Letzten Sommer bat ich sie, mir Fotos vom Haus im Winter zu schicken. Heute schickte sie mir die erste Serie. Es ist ein düsterer Tag Ende November. Ich liebe es.

[Mo, 25.11.2024 – Beim Glühwein]

Die Saison der Weihnachtsmärkte hat begonnen. Obwohl ich die dunkle Jahreszeit sehr mag, gehören Besuche von Weihnachtsmärkten nicht zu meinen Vorlieben. Allerdings folge ich oft dem Gruppenzwang und so sitze ich regelmässig zwischen Plastikschnee und überteuertem Glühwein. Diesmal traf ich Kollegen von meiner letzten Firma zu einem Umtrunk auf dem Weihnachtsmarkt am Bebelplatz. Das ist der exklusive Markt für den man 2€ Eintritt bezahlt.

Wir drehten Runden und blieben bei einem Stand hängen, an dem grosse Käselaibe geschmolzen wurden. Den zerrinnenden Käse schabte man mit einem Messer in Fladenbrot. Und ins Fladenbrot legten sie Cornichons und andere eingelegten Dinge. Alleine der Anblick des Käses aktivierte alle verfügbaren Fressflash-Rezeptoren in mir.

Mit den Ex-Kollegen gibt es immer lustigen Tratsch aus der Firma. Ich wurde in alle neuen Geschichten eingeweiht. Ausserdem werden gerade 20% der Belegschaft entlassen. Entsprechend schlecht ist natürlich die Stimmung im Büro. In dieser Stimmung tratscht es sich aber wesentlich besser.

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Auf dem Nachhauseweg hörte ich „Heart of Steel“ von Manowar. Das hatte ich schon lange nicht mehr gehört. Ich mag diesen pathetischen Metal-Kitsch wirklich. Gleich mal auf die Playlist gesetzt, damit ich es nicht wieder vergesse.

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Knedl. Mi manchi.
(verstehen aber nur Menschen aus Südtirol):

[So, 24.11.2024 – mit Fede]

Heute traf ich Fede. Sie ist seit Juni in Europa und verbringt noch die Hälfte der Woche in Berlin, bevor sie nach Bremen weiterzieht und schliesslich nach Wageningen in den Niederlanden. Von dort aus, wird sie nach Mexiko zurückfliegen. Sie hat ihren zwölfjährigen Sohn schon seit 6 Monaten nicht mehr gesehen. Sie freut sich darauf.

Federica gastiert in einer riesigen Künstlerwohnung in der Bülowstrasse. Mir sind die Wohnverhältnisse nicht ganz klar. Die Hauptmieterin wohnt eigentlich in Potsdam und hält ihr Zimmer zugesperrt. Dafür wohnt eine ältere Künstlerin aus Bayern in einem der grossen Zimmer. Im Zimmer nebenan wohnt eine junge Frau mit einem Hund, die aber auch nur zu Besuch zu sein scheint. Fede schläft im designierten Gästezimmer, einem schmalen Raum mit einem Fenster und einem Bett. Das Wohnzimmer ist mit Kunst und Künstlerbedarf vollgestellt. Farbeimer, Holz, Bilderrahmen, angefangene Gemälde, Textilien, viele Textilien. Darunter erkennt man Sofas. Der Gemeinschaftsraum ist deswegen die Küche, ein kleiner Raum am Ende der Wohnung. Es können dort nur drei Menschen an einem kleinen Tisch sitzen. Der Raum ist mit Küchenutensilien vollgestellt. Und überall stehen Marmeladegläser, Einweckgläser und Behälter mit Kräuter. Für uns beide reicht der Platz. Am Küchentisch hat sie ihren Arbeitsplatz eingerichtet. Dort stickt sie für die bayrische Künstlerin Halsreifen. Sie stanzt und näht und fädelt, während sie mir ihre Lebensgeschichte erzählt. Wir wohnten bis zur Räumung der Lange Nieuwstraat am 6.8.1997 zusammen, danach zog sie in ein besetztes Schulgebäude in der Lanslaan und ich zog mit einer Gruppe radikaler Veganer in den Kruisweg, einem legalisierten Haus nördlich der Utrechter Innenstadt. So verloren wir uns aus den Augen. Schliesslich zog sie zurück nach Italien und wir sahen einander nicht wieder.

Das ist 27 Jahre her.

Es war lustig, sie wieder zu sehen und wir hatten jede Menge Gesprächsstoff. Vorherrschendes Thema bei ihr ist der Tod ihres Ex-Mannes. Sie waren ein frischverliebtes Paar, sie kannten einander gerade einmal 18 Monate. Er kam aus England und wohnte teils in seinem Heimatland und teils in Mexiko. Er stammte aus englischen aristokratischen Verhältnissen, litt unter Depressionen und nahm sich schliesslich vor zwei Jahren das Leben. So weit so tragisch.

Nach seinem Tod wurde Fede von einer Frau über Social Media angeschrieben. Diese Frau war Patientin einer Krankenschwester eines nordenglischen Krankenhauses. Bei dieser Krankenschwester handelte es sich um die Ex-Frau des Verstorbenen. Die Patientin wurde von der Krankenschwester in einen Plan eingeweiht, um bei ihrem Ex-Mann den Tod herbeizuführen. Der Plan sah im Groben vor, die Medikamente des Ex-Mannes zu manipulieren und ihn durch therapeutische Gespräche einen Ausweg aus dem Leben durch Suizid aufzuzeigen.
Letztendlich wurde der Mann schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht, auf die Station seiner Ex-Frau während sie die Schicht leitete. Wo er in ihren Armen verstarb.

Die Patientin konnte den Plan anhand Chatverläufen mit der Krankenschwester beweisen. In den Wochen nach dem Tod, meldeten sich weitere fremde Menschen bei Fede, die allesamt den einfachen Suizid ihres Mannes anzweifelten. In den Gesprächen mit diesen Menschen stellte sich heraus, dass die Ex-Frau von allen als gefährliche Person oder Psychopatin beschrieben wurde.

Mittlerweile ist die Polizei eingeschaltet und es wird ermittelt.

Die Ex-Frau unterhält auf Insta und TikTok einen Kanal, in denen sie sich als Schamanin und als Hexe inszeniert. Die Ermittlungen halten sie nicht davon ab, sich zurückzuhalten. Sie ist eine schöne, auffällige Frau mit wilden, blonden Haaren und grossen Lippen. Sie führt Monologe, in denen sie erzählt, wie Hexen früher Phalluse in Gläsern hielten und wie schade es sei, dass es diese Tradition heute nicht mehr gäbe. Das kann man als lustigen oder harmlosen Goth-Content auf Socialmedia abtun. Hier bekommt das allerdings einen seltsamen Kupfergeschmack. Fede zeigt mir Videos wo die Frau in Insta-Stories sich offensichtlich an sie wendet und sagt, sie solle in Mexiko bleiben und sich um ihren eigenen Kram kümmern. Sie schwafelt von Liebe und ewigen Verbindungen, die sie als einfaches Mädchen niemals nachempfinden könne.

Diese ganze Geschichte ist auch einer der Gründe, warum sie sich seit 6 Monaten in Europa aufhält. Sie fliegt natürlich alle paar Wochen nach Birmingham.

Dazu schenkte sie mir Pasta e Fagioli ein.

[Fr, 22.11.2024 – Amateurhafter Frühaufsteher, Wadenbeinköpfchen, Fotos für Fede]

Weil mir die Hafermilch ausgegangen war, ging ich um 7 Uhr morgens zu Edeka. So früh stand ich noch nie in einem Supermarkt. Ich war der erste Kunde und das machte mir ungemein gute Laune. Ich begrüsste jede einzelne Mitarbeiterin mit einem fröhlichen „Guten Morgen“. Manchmal wurde die gute Laune erwidert. Manchmal aber auch nicht. Die Leute sind ja immer um die Uhrzeit da, ich verstehe es schon, wenn man sich nicht auf die gute Laune eines jeden dahergelaufenen Amateurs einlassen will.

Gegen Mittag holte ich meine Schwiegereltern vom Flughafen ab. Dabei möchte ich auf die neuen Parkplätze hinweisen. Man fährt an den Schlagbaum heran, dann wird das Kennzeichen fotografiert. Wenn man den Parkplatz wieder verlässt, fährt man wieder an den Schlagbaum heran, dort zeigt ein Display die Dauer des Parkens an und den zu bezahlenden Preis. Sitzend im Auto halte ich mein Telefon an die Maschine, der Betrag wird abgebucht und der Schlagbaum öffnet sich.

Man kriegt das Gefühl, man befände sich gar nicht in Deutschland.

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Die Verletzung an meinem Wadenbeinköpfchen schmerzte den ganzen Vormittag lang. Danach schluckte ich eine Ibuprofen und der Schmerz verschwand. Er kam auch nicht mehr wieder. Es schmerzt nur noch leicht, wenn ich die Stelle anfasse. Ich weiss, dass ich gutes Heilfleisch habe, diesmal grenzt es aber an Wunderheilung.

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Da ich am Sonntag Federica treffe, liess ich auch die Fotos nachdrucken. Es sind Fotos von ihr und Bonita. Wie sie den Boden des Wohnzimmers schleifen. Und wie sie nach getaner Arbeit Tee trinken. Es ist dreissig Jahre her.

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Friedrichshain Nord:

[Do, 21.11.2024 – (dumme) Vizslas]

Auf der Morgenrunde im Park, rannte mir ein dummer Vizsla gegen das linke Knie. Er jagte in vollem Sprint einem Bordercollie hinterher und knallte mit einem seiner Knochen in meine Seite rein. Mir zog ein Schmerz vom Zehennagel bis zur Kopfhaut. Zuerst biss ich mir auf die Zähne, jaja, passiert halt manchmal, nicht schlimm, der Schmerz geht schon wieder weg. Aber der Schmerz ging nicht mehr weg. Mein ganzer linker Unterschenkel brannte.

Es sind immer die dummen Vizslas, die Unfälle verursachen. Der Bordercollie war flink und wenig, der verstand es, nahe an mit vorbeizuflitzen, aber dieser ungestüme Vizsla dödelte sich voll in meine Seite.

Meine Hündin mag keine Vizslas. Vizslas sind immer aufgeregt und zu aufdringlich für ihre Grösse, sie laufen lächerlich und checken nicht, wenn jemand nicht mit ihnen spielen will. Sie kennen auch generell keine Grenzen. Sie sind nicht bösartig, sie sind nur gutaussehende, dumme Tolpatsche.
Meine Hündin ist natürlich die coole Göre aus dem Friedrichshainer Nordkiez. Sie trägt schwarz und ihr Haar ist konsequent ungekämmt. Nachmittags chillt sie an den Häuserecken. Wenn diese aufgeregten Vizsla in den Park kommen, hat man immer das Gefühl, dass es pensionierte Touris aus dem Saarland sind, die zum ersten Mal die Grossstadt betreten.
Meine Hündin sagte neulich, dass sie Vizslas nur noch als Dumme Viszlas bezeichnen will. Ich fand das in Ordnung. Die Rasse geht nur mit Adjektiv. Immer, wenn wir im Park einen dummen Vizsla sich uns nähern sehen, schauen wir uns an und verdrehen die Augen. Diesen Hunden kann man nicht aus dem Weg gehen.

Der Vizsla von heute knallte mit seinem Knochen gegen einen Knochen von mir. An der Aussenseite unter meinem linken Knie. Ich wusste gar nicht, dass ich dort einen Knochen habe. Aber nach einer Überprüfung des anderen Beines stellte ich fest, dass sich dort tatsächlich einer befindet. Laut Internet handelt es sich um das obere Ende der Fibula und heisst auf deutsch: Wadenbeinköpfchen. Dort muss der gesamte Muskel explodiert sein, vermutlich riss er die Nervenbahnen mit.

Jetzt humpele ich und jede Berührung an der Aussenseite des Unterschenkels löst Schmerzen aus. Auch wenn ich auf dieser Seite liege.

[Mi, 20.11.2024 – Paules Frauchen, Novelle]

Paules Frauchen hat jetzt einen neuen Hund. Ziemlich genau einen Monat nach Paules Tod. Sie erzählte mir bereits vor drei Wochen, dass sie im November einen neuen Hund bekommen wird. Die Kerstin vom Gardinengeschäft um die Ecke sagte, das ginge ja nicht, dass sie jetzt ganz alleine sei. Deswegen hat sie ihr auf dem Computer geholfen einen neuen zu suchen. So wurde es Benny aus Rumänien.

Benny und ist zwei Jahre alt. Er wird sein Frauchen wahrscheinlich um viele Jahre überleben. Meine Hündin rannte auf die alte Frau zu, interessierte sich aber nicht für ihren neuen Begleiter sondern für ihre Leckerlis. Benny stand ein wenig eingeschüchtert daneben.
Seine ganze neue Welt schien ihn zu ängstigen. Man weiss nicht, unter welchen Bedingungen er vorher lebte. Ich bückte mich und liess den Hund an meinen Händen riechen, wir werden uns schliesslich öfter begegnen, es ist besser, wenn er schnell Zutrauen gewinnt. Ich fragte, wie es mit dem neuen Hund so ginge. Sie sagte, er sei super lieb, ein bisschen schüchtern, aber er kackert und puschert nicht. Ich kannte die beiden Begriffe nicht.
„Er kackert und puschert nicht? Das ist sicherlich nur die Aufregung.“
„Ja, vielleicht. Er hat in den 5 Tagen, die er jetzt bei mir ist, erst einmal sein Geschäft gemacht.“
„Ui, und da kam richtig viel?“
„Ja das schon. Richtig viel.“
„Das legt sich bestimmt.“
„Ja, wahrscheinlich.“

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Die Novelle.

Da ich heute gefragt wurde, wie es mit der Novelle weitergeht. Also der Veröffentlichung der Novelle stünde ja nichts mehr im Weg. Es hat sich allerdings ergeben, dass ich eine Extrarunde drehe und nun im Austausch mit einer Literaturagentin stehe. Die Hintergründe dazu erzähle ich vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt, wenn alles etwas spruchreifer ist. Aber jetzt verzögert sich das Projekt erstmal. Wir werden sehen.

[Di, 19.11.2024 – Schneematsch, Sitzung]

Morgens drei Grad Celsius und Regen.

Nach der Hunderunde weckte ich meine Frau und danach fuhr ich sie nach Potsdam zu einem Termin. Dicke Schneematschflocken fielen vom Himmel. Unterwegs hörte ich Podcasts, die die Mitgliederversammlung vom Sonntag aufarbeiteten. Alle Herthapodcasts arbeiteten sich genüsslich an diesen Sonntag ab. Es unterhaltet mich dermassen, dass ich sie mir alle anhöre.

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In Longyearbyen misst es -18 Grad. Ich habe lange nicht mehr über Longyearbyen geschrieben.

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Am späten Nachmittag fuhr ich zu einer Art Vorstandssitzung des Fanclubs, in der wir natürlich auch die Mitgliederversammlung besprachen, aber wir trafen uns hauptsächlich für andere Themen. Die Sitzung dauerte bis 22 Uhr. Danach war ich müde.