[Liebe Isa]

Vielen Dank für Deinen Brief. Wie Du siehst hat meine Antwort auf sich warten lassen. Gerne würde ich sagen, ich sei ein vielbeschäftigter Mann. Leider bin ich das nicht und zum Lügen müsste ich den vorhergehenden Satz löschen, was mir gerade unheimlich blöd vorkommt, weil ich dann ja auch diesen Satz löschen müsste und das ist dann irgendwie Dings. Frage nicht!

Es tut gut zu wissen, dass es Dir und dem Mann gut geht. Erwidere dem Mann bitte die Grüße.

Dass es mit den Kaffee.Satz.Lesungen immer noch so gut geht freut mich ungemein. Sowieso: Kaffee.Satz.Lesen ist die beste Lesebühne der Welt. Von den berliner Bühnen bin ich ein wenig enttäuscht. Es gibt sie zwar in Mengen, man kann jeden Tag mindestens eine besuchen, doch ist das Konzept ein völlig anderes. Es gibt eine feste Gruppe von Autoren, die jede Woche einen oder mehrere Texte produzieren. Und man merkt der Qualität der Texte diese Geschwindigkeit an. Sie haben mehr den PoetrySlams gemein, als dem was in Hamburg generell unter einer Lesebühne verstanden wird. Es zählt hier vor allem die Unterhaltung, und der Sprung zu StandUp-comedy ist ein Kleiner. Versteh mich bitte nicht falsch: ich werde gerne unterhalten (ich will sogar lachen wenn es sein muss), doch ist gerade der unterhaltende Faktor daran das Störende, das so typisch männliche, die Lacher auf seiner Seite zu haben, was sich dann auch in der Geschlechterverteilung der hiesigen Lesebühnen abzeichnet.

Das Gute daran ist jedoch, dass die festen Autoren wohl ein bisschen davon leben können, zumindest wenn sie auch regelmäßig auftreten. Das gefällt mir, das hat etwas zukunftsweisendes.

Kaffee.Satz.Lesen ist da inhaltlich ein Stück spannender, das ist, in erschütternden Termen ausgedrückt: ein Schaulaufen der Literatur. Das mit den immer wechselnden Autoren aus allen Ecken des Landes, das ist Bachmannpreis auf subversivisch und ohne Bachmannpreis. Das macht ihr wirklich super.

Achja und meine Wohnung. Ja, ich habe tatsächlich eine Wohnung gekauft. Konnte man das aus meinem Blog herauslesen? Das ist blöd, das wollte ich nicht. Aus dem Internet sollte man das nicht erfahren, man weiß ja nie, der Pöbel da draußen— als Immobilienhaibesitzer nimmt man den Mob natürlich stärker wahr und wenn diese Info so lose im Internet herumsteht, dann fühlt man sich irgendwie verwundbar. Behalte es bitte für Dich.

Jedenfalls: ich habe mir eine hübsche kleine Bruchbude in Mitte, nahe am Arkonaplatz gekauft weil ich nach sieben Jahren Mietverhältnis keine Lust mehr auf Miete und der Willkür von Vermietern und Mietspiegeln hatte, weil das ja alles Klassenfeindschaft ist, deshalb habe ich dem Klassenfeind den Rücken gekehrt, mir von der Bank das nötige Geld geliehen bevor sie selber keins mehr hat und mache jetzt ein bisschen auf Hausbesetzen2.0. Und ja, den Witz mit dem Besetzen/Besitzen habe ich mir oft anhören müssen, ich habe allerdings mitgelacht. Zumindest die ersten dreivier male. Die darauffolgenden tausendvierhundertdreiundsechszig male habe ich geseufzt. Witzigerweise habe ich mir ein neues Brecheisen kaufen müssen, jetzt aber nicht mehr zum Aufbrechen von Türen, sondern um Fliesen abzuschlagen und Bretter abzureißen. Die Metapher die man hier erwartet bleibt aus, ich weiss, aber schon die Tatsache, dass ich überhaupt zum Hausbesitzen ein neues Brecheisen kaufen musste, muss als Witz ausreichen.

Wir lachen.

Mit Seßhaftigkeit hat das allerdings wenig zu tun. Wenn ich da nicht mehr wohnen will, dann vermiete ich sie und kaufe mir eine Neue. Hehe, so einfach ist das unter uns Haien.

Momentan habe ich keine Fotos liegen, aber meinem nächsten Brief werde ich einige beifügen. Die Küche ist supertoll geworden. Ich habe Fliesen verlegt die den Namen „Kolonial“ tragen.

Wenn Du nach Berlin kommst, dann bist Du herzlichstlich eingeladen. Zum Essen und zum Trinken. Und natürlich auch zum Schlafen, obwohl ich das nicht explizit erwähnen möchte, da das eine Selbstverständlichkeit sein sollte, doch fühle ich mich dennoch genötigt es zu tun, weil Du ja niemals selbst darum fragen wirst.

Übrigens: ich bin seit einiger Zeit wieder verliebt. Und das ist dann alles sehr schnell gegangen, keine langen Zeiten des Wackelns, sondern ganz geradlinig nach vorne. Und jetzt wohnen wir zusammen. Das ist sehr gut. Ich werde sie euch zeigen. Ich bin mir sicher ihr werdet euch mögen.

Zudem habe ich erfahren, dass Du gerade nicht im Lande bist. Glen? Ist das Schottland? Ich kenne ja nur Glen Morangie und Glennfiddich, ah und Glen Grant, Du ahnst womöglich meine schottische Assozation. Der Brief wird daher wohl erstmal ungelesen in Hamburg liegen bleiben.

Die Haas-Verfilmungen bringe ich am Samstag zur Post. Du hast schon richtig gemutmaßt mutgemaßt: die 5 Romane sind nicht verfilmbar. Da ja das Grossartige daran die Sprache ist. Und diese wird im Film selbstredend nicht wiedergegeben. Ist ja kein Hörbuch schließlich.

Dass Du den Plot nicht mehr in Erinnerung hast ist auch nicht weiter schlimm, erstens ging mir das genauso, zweitens erzählen die Verfilmungen am Plot vorbei. Die Geschichten sind ziemlich umgeschrieben. Alles halb so schlimm also. Doch sprechen trotzdem zwei Gründe für die Filme. Der erste Grund heisst Hader, denn es ist wirklich ein großes Vergnügen Josef Hader als Brenner zu sehen, fast so als gäbe es keinen der diesen besser verkörpern könnte. Auch wenn ich den Brenner als etwas dicker und träger, vielleicht sogar pausbäckiger, in meiner Vorstellung hatte, so habe ich mir beim Anblick von Hader trotzdem gedacht: Boah. Super. Seitdem bin ich ein bisschen Hader-Fan geworden. Und den zweiten Grund habe ich jetzt vergessen, achnein, ich weiß es wieder, der zweite Grund der für die Filme spricht ist Haas, der Autor der Romane also. Also der Grund ist: er hat die Drehbücher dafür geschrieben. Und wenn er schon selbst den Plot nicht mehr nacherzählen kann ist er eben selber Schuld. So.

Inzwischen verabschiede ich mich, liebe Isa, und ich hoffe, dass Du in Schottland (oder Irland) einige schöne Tage verbringst, und ich freue mich schon auf die Fotos.

Herzlichst.

Dein Mek

4 Kommentare

  1. Ich heiße gar nicht Isa, und hab trotzdem den Brief gelesen.
    Und jetzt schäm ich mich dafür, dass ich ein bisschen in Ihrer intimen Sphäre rumgewühlt habe. Tschuldigung!

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