[woran ich mich erinnern will. Oktober.]

Diesen Monat hat es nicht geklappt wöchentlich zurückzublicken und Dinge aussuchen, an die ich mich erinnern will. Beruflich überschlagen sich gerade die Ereignisse und wenn man die Erinnerungen auf den Monat reduziert, fallen mir nur noch wenige Erinnerungen ein, weil schon wieder alles in Geschichte abzudriften scheint.

Ich will mich jedenfalls an den schönen Abend mit Frau Casino und zwei gemeinsamer Freunde erinnern. Die beiden Freunde haben ein Haus in Mahlsdorf und wir wurden eingeladen, die eine oder andere Flasche Whisky zu probieren. Ich brachte selber zwei Flaschen mit und wir redeten den ganzen Abend über, nunja, Whisky natürlich, aber auch über nördliche Länder, da der Gastgeber seit zwei Tagen aus Norwegen zurück und ich eine Woche aus Schottland zurückgekommen war. Unter dem Eindruck der Landschaften und der mystisch heraufbeschworenene Erinnerungen schenkten wir ein, steckten unsere Nasen in die Gläser und gurgelten wir Whisky.

Dann auf der #unteilbar Demo gewesen. Wir liefen eher vorne mit, blieben dann bei einem Wagen stehen der 4nonblondes spielte. Auf einer Anhöhe in der Leipziger blieben wir stehen und ließen die Menschen an uns vorbeiziehen. Wir blieben dort lange stehen. Vierzigtausend sollten teilnehmen. Ich weiß wie eine Menge von vierzigtausend aussieht, ich bin oft bei Hertha im Stadion, das waren viel mehr als vierzigtausend. Nach einer Stunde liefen wir die Demo in die entgegengesetzte Richtung, vom Mühlendamm aus konnte man die ganze Grunerstraße hinaufsehen bis zum Alex und da kamen immer noch die Menschenmengen nach. Am Ende war es eine Viertelmillion. Fickt euch, rechte Spalter.

Außerdem war ich beruflich in Hannover. Ich war zum ersten Mal in Hannover. Ich weiß nicht viel über Hannover. Niedersachsen ist für mich diese große, grüne Fläche westlich von Brandenburg, Niedersachsen erstreckt sich bis ans Meer und irgendwo mitten drin liegt Hannover. Wobei, ich war schon einmal in Hannover, vor sehr, sehr vielen Jahren, genaugenommen war ich nur im Hauptbahnhof, etwa zwei Stunden lang, ich hatte Liebeskummer und musste umsteigen. Keine schöne Erinnerung.
Diesmal war ich wieder da. Also wirklich da. Ich fands dann ganz OK.

Heute sind wir aus Ostfriesland zurückgekehrt, aus Norderney. Wir pflegen diese liebgewonnene Tradition mit einem befreundeten Paar auf deutsche Inseln zu fahren, immer in kälteren Jahreszeiten, immer in Wollschale gewickelt und in dicken Jacken gehüllt, immer auf endlosen Spaziergängen durch Dünenlandschaften und verwehten Stränden. Auf Norderney nehmen wir den Bus bis zur letzten Haltestelle auf der Mitte der Insel, dahinter kommt der große, leere Teil den keine Deiche schützen, es gibt keine Häuser mehr, keine Bauten überhaupt, keine befestigten Wege, nur diese großen, gefärbten Holzpflöcke, die eine grobe Richtung anzeigen um den Weg zum Ostende der Insel zu weisen, nur diese endlose Dünenlandschaft. Die Insel ist auf dieser Seite dem Meer ausgeliefert, Flut, Ebbe und Sturmflut sortieren die Oberfläche ständig neu, schlagen neue Gräben, neue Wasserwege. Es sind sechs Kilometer, wir folgen lange dem Lauf eines Priels, mäandern mit ihm quer über die Insel, müssen ihn mehrmals an untiefen Stellen überqueren, verlaufen uns aber wieder weil wir uns viel zu erzählen haben, mehrmals stehen wir vor einem breiten Wassergraben, zu hoch um ihn zu überspringen, zu tief um hineinzusteigen, während die Wegmarkierung fröhlich den Weg durch diesen weist.

Abends setzen wir uns ins Norderneyer Brauhaus. Haben rote Wangen. Peace.