[Bushi No Kondate]

Vorgestern auf der Berlinale diesen japanischen Film gesehen. Er spielte im Japan des frühen achtzehnten Jahrhunderts und zeigte Menschen beim Zubereiten von schönen Speisen, also beim schönen Zubereiten von schönen Speisen. Schöne Werkzeuge, erlesene Zutaten, zeremoniertes Zubereiten, Riten. Ich weiß nicht, inwiefern der Film die Zustände weichzeichnet, dafür kenne ich Japans Geschichte zu wenig, wenn man mal von den Taten im zweiten Weltkrieg hinwegsieht würde es mich nicht wundern, wenn den Japanern so etwas wie eine superschönes und supersauberes kulturgeschichtliches Selbstverständnis zugrundeliegt. Denke ich an Japan, denke ich an, öhm, Sauberkeit, papierne Wände, Höflichkeit, Menschen, die barfuß über Bastmaten oder auf Pantoffeln laufen, kniend auf dem Boden sitzen und dort essen.

Denke ich an das frühe achtzehnte Jahrhundert in Europa, dann denke ich an Friedrich Zwo in seinem Potsdamer Schloß und denke an seine vornehmen französischen Gäste, die in die Ecken hinter die Vorhänge urinierten.
Dieser Film zeigt ein Japan, in dem es bereits damals in niedrigeren sozialen Schichten die strikte Trennung zwischen Innen- und Außenbereichen gab. Die Innenbereiche waren Bohlen auf denen die Leute in ihren Pantoffeln liefen oder in unpraktischen Haltungen auf dem Boden knieten und ihre Hände falteten. Unmöglich, dass da jemand ins Eck hinter die Vorhänge urinierte.

Andererseits: es wurden keine Klos gezeigt. Es wurden allerdings auch keine Vorhänge gezeigt, hinter die man hätte pissen können. Es wurde nie aufs Klo gegangen. Passiert in Filmen ohnehin selten. Aber hier: ausgeschlossen. Jetzt weiß ich natürlich nicht wie japanische Klos im Japan des frühen achtzehnten Jahrhundertes aussahen. Macht mich ganz fertig, wenn man sich so in ein Weltbild hineingedacht hat und dann an Toiletten verzweifelt.

5 Kommentare

  1. Mit dem Ritus beim Essen könnte man einen super Kalauer basteln. Nach jahrhundertelanger Abschottung waren nämlich Delegationen aus Japan um die vorletzte Jahrhundertwende unter anderem zur Besichtigung in Deutschland und dabei ausgerechnet von Essen sehr beeindruckt. (Ging, glaube ich, um Kanonen. Aber gut.)

  2. Die heutigen Clos sollen das Bidet gleich mit eingebaut haben. Mir berichtete ein Japanbesucher jedenfalls, dass im japanischen Clo man nach der Verrichtung auch sofort gewaschen wird.

  3. Dass so stilvolle und zurückhaltende Menschen etwas von sich geben, was plätschert oder ein Häufchen bildet, ist kaum vorstellbar. Ich bin ganz Ihrer Meinung.

  4. es kann zum verzweifeln sein. auf die schnelle find ich nix besseres, aber zur illustration doch ganz hübsch:

    beste grüße!

Kommentare sind geschlossen.