Früher dauerte es immer ein paar Tage oder Wochen, bis ich das neue Jahr auch automatisch richtig schrieb. Früher schrieb man aber auch ständig das Datum mit der Hand irgendwo hin. Auf Listen, auf Zetteln, auf Formularen. Heutzutage macht das ja meistens die Maschine. Seit Februar letzten Jahres schreibe ich aber täglich dieses Coronatagebuch und damit auch jeden einzelnen Tag die Jahreszahl in die Überschrift. Ausserdem spreche ich es jeden Tag neu ein. Zwanzigeinundzwanzig. Ich ahne, dass ich anfangs noch oft die Aufnahme löschen und von vorne beginnen muss.
Obwohl wir kaum etwas getrunken haben, verbrachten wir den Neujahrstag als hätten wir einen Kater. Das muss ein Automatismus sein. Ausserdem ist der Neujahrstag ist ja immer ein Katertag, oder? Die ganze Stadt sieht aus, als hätte sie Mundgeruch.
Vorsätze: keine.
An Neujahr muss ich seit einigen Jahren immer an dieses junge Paar denken. Ich hatte die beiden in der ersten Januarwoche kennengelernt. Ich wohnte an der Prenzlauer Allee und stand kurz vor dem Auszug. Es kamen potentielle Nachmieterinnen vorbei, u.a. auch diese beiden. Sie hatten die Silvesternacht in Venedig verbracht und wurden am frühen Morgen durch die Hausverwaltung kontaktiert, dass die Wohnung ausgebrannt sei. Sie hatten aufgrund des milden Winters ein Fenster auf Kipp gelassen und waren verreist, ohne das Fenster wieder zu schliessen. In der berliner Silvesternacht verirrte sich schliesslich eine Rakete durch das gekippte Fenster und setzte die Wohnung in Brand. Wie banal die Umstände von Unfällen oft sind. Hinzu kam, dass sich die Versicherung quer stellte und aufgrund von Fahrlässigkeit nicht zahlen wollte. Wie das ausging, weiss ich nicht.