Der Kater war grösser als erwartet. Ich wusste gar nicht, dass ich so viel getrunken hatte. Aber ein Blick in den Kühlschrank verriet mir, dass der Biervorrat ziemlich ausgedünnt war.
Am Vormittag schauten wir „The English“ mit Emily Blunt. Ein sehr bewegender, aber auch gewalttätiger Neo-Western über eine Frau, die von England in den mittleren Westen der USA aus dem Jahr 1890 reist, um sich an jenen Mann zu rächen, der ihren Sohn getötet hat.
Immer wenn ich Neo-Westerns schaue, habe ich in den nächsten Tagen dutzende geöffnete Tabs über die Geschichte der USA. Das Neunzehnte Jahrhundert in den USA ist eine sehr europäische Geschichte. Eine unfassbar invasive Geschichte der Kolonialisation. Es ist auch eine sehr deutsche Geschichte, auch wenn das in den englischsprachigen Produktionen nie so erzählt wird. In üblichen Western sind die Deutschen immer religiöse Gruppen aus naiven Menschen mit seltsamen Bärten. Dabei waren Deutsche und Iren die ersten Bevölkerungsgruppen, die auf den Plantagen keine Sklaven einsetzten. Vor allem ab 1848 gab es eine riesige Auswanderungswelle liberaler und progressiver Menschen aus den damaligen deutschen Ländern, die vor Verfolgung nach der gescheiterten Märzrevolution flüchteten.
Manchmal denke ich, ob wohl Militarismus, der Erste Weltkrieg und damit auch der Nationalsozialismus passiert wären, wenn diese progressiven Kräfte nicht ausgewandert wären.
Wären wären.
Nun ja.
Am Nachmittag hatte Frau Modeste zum Tortenessen eingeladen. Sie hatte Lust, eine Torte zu backen und lud daher ein. Ich finde, Torte ist ein guter Anlass, sich zu treffen.