Im Wartezimmer der Tierärztin traf ich heute eine riesige Bulldogge, die weinte. Als ich mich zwischen den anderen Wartenden setzte, fühlte ich mich etwas unwohl. Solchen Bulldoggen merkt man ihre Kraft an, und auch wenn ich es besser weiss, kann ich mich nicht ganz davon befreien, sie im ersten Moment als bedrohlich zu empfinden. Die beiden jungen Frauen, die mit dem Tier im Zimmer sassen, waren sehr dünn und ich bin mir sicher, dass sie sich beim Versuch, den Hund entgegen seinen Willen festzuhalten, sämtliche Gelenke dislozieren würden.
Das Tier lag aber auf dem Boden und weinte. Dieses Bild war so süss, dass ich nicht wusste, wo hin mit mir.
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Ich habe noch einige Notizen von der Fahrt nach Südtirol. Die eine Notiz heisst „M Schweighöfer Klo“. Das notierte ich mir, weil wir auf einer Raststätte in Sachsen-Anhalt eine kurze Pause einlegten. Meine Frau ging ein paar Schritte mit der Hündin und ich kümmerte mich um den Tankvorgang.
Weil wir nicht sofort weiterfahren würden, bestellte ich uns einen Kaffee und stellte mich an einen der Stehtische. Da sah ich Matthias Schweighöfer mit seinem Sohn an der Kasse anstehen.
Eine Existenz als Schauspielerin stelle ich mir ungemein deprimierend vor. Das, was dich berühmt macht, ist dein Gesicht. Das Gesicht ist dieser exponierte Körperteil, an dem dich die ganze Welt identifiziert. Als Schauspielerin bist nicht unbedingt jemand, die klug ist oder geniale Musik komponiert oder schöne Geschichten schreibt, sondern du verkörperst einfach nur andere Menschen. Immer andere Menschen als dich selbst. Deine Kunst ist es also, unauthentisch zu sein. Dafür wirst du als Schauspielerin geliebt. Die Leute lieben dich als Kommissar oder als Mörder oder als Superheld, aber nicht als dich selbst. Bei diesem Gedanken würde ich sofort Drogen nehmen.
Ich bilde mir ein, dass man Schauspielerinnen förmlich anmerkt, wie sie sich in der Öffentlichkeit unwohl fühlen. Alle kennen nur dein Gesicht, man ist nie inkognito. Dann stehst du plötzlich in der Öffentlichkeit als du selbst. Keine Lage Tatort liegt mehr über dir, keine Lage Superheld, Staranwalt, Mörder, Antiheld. Nur du selbst. Und alle Blicke im Raum folgen dir, die Kassiererin reagiert verzückt, der Nachbar an der Zapfsäule.
Als meine Frau hereinkam, sagte ich, ich müsse aufs Klo gehen, aber in jenem Moment ging Matthias Schweighöfer in Richtung Toiletten. Also blieb ich stehen. Ich wollte nicht auch noch neben ihm ins Pissbecken starren.
Meine Frau sagte: Er verschwendet seinen Sanifair Gutschein.
Da hatte sie recht. Man geht zuerst aufs Klo und zahlt erst nachher, wo man seinen 50 Cent Gutschein einlöst. Eine kluge Frau. Auch ich hatte die richtige Reihenfolge vergessen.