Immer diese merkwürdige Wehmut die aus der Ferne ruft, schon Tage vorher, seit ich die Zugkarte mit Endbestimmung Bozen in der Hand halte, seit ich an die Dinge denke die ich mitnehmen will, die Schuhe, die Bücher, die Hemden und dann das Foto meiner kleinen Schwester das schon seit Monaten an meinem Schreibtisch hängt und ich ihr schenken wollte, weil es wahrscheinlich das einzige ist, auf dem nur wir beide abgelichtet sind, ohne Familie, ohne den Anderen die sich ins Bild stellen um Grimassen zu schneiden, ohne diesem immer anwesenden Hintergrundrauschen, nur wir beide, als wäre ich nie weggezogen, als hätte ich sie nie als siebenjährige ohne den großen Bruder gelassen, den sie sich womöglich gewünscht hat, wie es sich wahrscheinlich jedes siebenjährige Mädchen wünscht, und erst so langsam, nach all den Jahren in denen ich sie nicht habe aufwachsen sehen, in denen ich ihre ersten Schritte hinaus ins Leben verpasst habe, sie nicht einmal Warnungen von mir in den Wind hätte schlagen können, weil ich schlichtweg nicht da war, und am Telefon immer nur Mama, oder Papa, oder die größere Schwester, die Kleine will Dich auch noch sprechen, und oftmals nicht wissen was einem Mädchen in der Pubertät so widerfährt, ungeschickt danach fragen wie es ihr denn so ginge, während es im Hintergrund weiterrauscht, und die Ruhe nicht da ist.
Jetzt elf Jahre später werde ich ihr ein Foto schenken. Ein Foto auf dem gar nichts rauscht, höchstens die Bäume ganz hinten, die aber eher zu lauschen scheinen, während man uns ertappt, an einem der wenigen Momente an denen wir wirklich Schwester und Bruder waren.
Und dann lächerlicherweise zu viel Zeit damit verbringen ob man es auf A3 oder 4 vergrößern soll, ob A3 die Schwere nicht zu viel hervorhebt, die Schwere die man gerade wegvergrößern will, indem man die Dinge klein haltet, indem es nur diesen kleinen Moment wiedergeben soll, der vielleicht schon viel zu groß ist, gemessen an den vielen kleinen Dingen die man sich nie gesagt hat.
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Vorhin die Dame in den Zug nach Amsterdam gesetzt, wie schwer die Abschiede wieder wiegen, wie viele kleine Tricks ich gelernt zu haben glaubte, die Abschiede lediglich als diese neue Phase des aufeinander Freuens zu sehen, die Zeit als diesen Fluß zu sehen, der halt vor sich hinfließt, so wie man auch die Elbe liebt wenn sie unter schwerem Nebel unter den baumelnden Beinen am Hafen vorbeizieht, und beim Ruf mich an gleich wieder daran zu scheitern, jeden Zaubertrick vergessen, weil dieser davonfahrende Zug keine vernebelte Elbe ist, sondern eine eiserne Raupe die davonkriecht und alles mitnimmt, weil es sich letztendlich doch immer wieder meldet, das Herz.
Und in zwei Stunden bringe ich mich selbst in den Zug, und mit dem Foto in der Hand werde ich wohl auch mitkommen.
Vergesst nicht die Kerzen wieder auszupusten wenn ihr ins Bett geht. Weihnachtsbäume zischen ganz laut wenn sie brennen.
Alles Gute. Demnächst wieder.
Ich wünsche Ihnen eine gute Fahrt – auf all diesen Wegen. Tragen Sie eine Kerze im Herzen und grüßen Sie Ihre Schwester – ich fand sie sehr sympathisch.
Gute Fahrt Ihnen und eine gute Zeit. Mit Ihrer Schwester und allen und allem, was das so rauscht.
Ich bin gerührt und das nach meiner Begegnung mit dem Schuster. La vida es loca y tu eres un gran hombre, mi carino Mequito.
Die eiserne Raupe wird jetzt wohl schon alle Kilometer bis nach Bozen aufgefressen haben, wie Raupen nun einmal sind. Vielen Dank für all diese Bilder und den wunderbaren Gedanken eines Fotos mit Schwester.
Alles Gute, jawohl.
denk ich an bozen, so denk ich an dich.
(wieder ein buchtitel)
grüß sie, und habs warm.
Es war meine Absicht in der Lektüre eines Exil Südtiroler ein bisschen Trost für mein Heimweh zu finden… hast mich in die absolute Melancholie gesenkt. Aber echt schönes Stück. Forhes Fest daheim.