[Mi, 16.10.2024 – Propellermaschine, Regen]

Diese neue Fluglinie zwischen Berlin und Bozen macht diese 900 Kilometer zu einer leicht zu überwindenden Strecke. Seit ich zwanzig Jahre alt bin, wohne ich eine mindestens zwölfstündige Reise von meiner Familie entfernt. Utrecht, Madrid, Hamburg und Berlin. Ich wartete lange Jahre auf die schnelle Zugverbindung zwischen Berlin und München. Mittlerweile gibt es diese und man fährt darauf im besten Fall 3,5h. Aber dann gurkt man noch 4 Stunden über die Inntal/Brenner-Strecke. Nach dem Bau des Brennerbasistunnels schrumpft die Zeit auf dieser Strecke zu etwa 2,5h zusammen. Dann fährt man zwischen den beiden Orten etwa 6 Stunden, wenn man die Umsteigezeit wegrechnet. Aber das dauert sicherlich noch zehn Jahre. Bis dahin habe ich vielleicht keine Eltern mehr.
Aber auch diese sogenannte Rekordzeit stimmt mich nicht sonderlich euphorisch. Wenn ich sie mit den Hochgeschwindigkeitszügen in Frankreich oder Spanien vergleiche, die für eine ähnliche Strecke 4 bis 4,5 Stunden brauchen.

Aber bei sechs Stunden verliert man immerhin nicht einen kompletten Tag. Vor allem wenn man sehr früh oder sehr spät fährt. Es ist besser als die 12 Stunden, die man früher auf der Strecke immer benötigte.

Die Propellermaschine fasst etwa hundert Passagiere. Leider ist der Flieger nur zur Hälfte belegt. Es würde mich sehr freuen, wenn die Verbindung auch ein wirtschaftlicher Erfolg wird. Wenn das nicht der Fall ist, wird man sie nämlich einstampfen. Andere Südtirolerinnen oder Bozenbesucherinnen erwähnten allerdings immer, dass das Flugzeug voll besetzt gewesen sei. Eventuell liegt es an der Jahreszeit und dem Wochentag. Und die hohen Preise tun sicherlich ihr Übriges, und damit wären wir wieder bei der Wirtschaftlichkeit.

Wie man im Tiefflug über die westlichen Dolomiten hereinfliegt, bis hinunter fast nach Trient, sich dort dreht und südlich in das Etschtal einsinkt. Das ist schon toll. Ich konnte das Dorf meines Vaters sehen und schoss ein Foto davon.

Der Flughafen Bozen ist ein schnuckeliger, kleiner Airport. Er hat ein gutes Restaurant mit gutem Kaffee, einen Securitycheck-Schalter und zwischen Gepäckausgabe und Ausgang liegen etwa 50 Meter. Ich kenne bisher nur die Austiegssituation, am Sonntag werde ich noch sehen, wie das Boarding funktioniert, aber der Komplex wirkt sogar noch kleiner als der Flughafen in Longyearbyen.

Ganz Südtirol ist bewölkt, ab und zu tröpfelt es ein wenig. Alle reden davon. Das Wetter sei ja nicht so gut. Ich lächelte nur. Am späten Nachmittag gingen meine Mutter und ich zu meiner Schwester. Draussen vor der Tür spürten wir zwei kleine Topfen. Meine Mutter wollte wieder zurück ins Haus, um einen Regenschirm zu holen. “Mama, das ist doch kein Regen.” Sie sagte, man würde ja ganz nass. Ich sagte: “Aber doch nicht von den paar Tropfen.” Dann stimmte sie mir irgendwie zu. Nach zehn Schritten gab es zwei weitere Tropfen. Daraufhin wollte sie wieder umkehren, um einen Schirm zu holen. So ging das etwa 4 Mal, bis wir weit genug vom Haus entfernt waren, dass schlicht die Entfernung vom Haus sie davon abhielt umzukehren. Dabei wiederholte sie ständig, dass das ja naiv sei, bei Regen ohne Schirm aus dem Haus zu gehen.
Im Land der 300 oder so Sonnentage pro Jahr. Die haben komplett den Bezug zur Realität verloren.

Bei der Schwester bestellen wir Burger. Ihre beiden Jungs kommen in zehn Tagen nach Berlin. Wir reden über Hertha und wir reden über die Dinge, die wir machen wollen. Das UCI Deluxe Kino an der Oberbaumbrücke mit den bewegbaren Sesseln finden sie eine super Idee. Und wir werden viel essen. Sie wollen den besten Döner der Stadt probieren und die beste Currywurst und das beste Sushi. Wir werden auch in die Markthalle IX gehen. Streetfood kommt gut. Leider gibt es keine gescheiten Konzerte. Es sind Herbstferien, das Musikprogramm ist komplett ausgedünnt. Mir war nicht klar, dass Veranstalter ihr Programm dermassen auf die Ferienzeit ausrichten. Ohne Kinder kriegt man das ja nicht mit. Ich merke es nur an der Hundewiese. Wenn die Hundewiese leer ist, dann ist dies ein untrügliches Zeichen von Ferien.

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