[24.4.]

Mit Anna verabredet gewesen. Anna wohnt in Neuköln. Und da war es wieder: Freitagabend, die U8, und ich. Ich dachte ich träfe sie immer, die Spacken, aber diesmal waren sie nicht da und während ich mir so dachte, mensch, das musst Du tagebuchbloggen, schaute ich auf die Anzeige um mich zu vergewissern ob es auch tatsächlich die U8 war in der ich saß, und dann dachte ich: genau jetzt wo ich denke aufschreiben zu müssen, dass sie nicht mehr kommen, kommen sie bestimmt. Und das muss ich dann wiederum Tagebuchbloggen.
War dann aber nicht so.

Anna und ich spazierten von der Karl-Marx-Straße hinüber zum Flughafen Tempelhof. Tempelhof am Abend. Die letzten rot-orangen Verfärbungen der untergehenden Sonne vor uns am Horizont, die weiten Flächen, Rollbahnen, Funktürme mit Kugeln. Das fand ich ziemlich überwältigend. Und seltsam angetan war ich sprachlos.
Wir waren nicht die einzigen. Verschiedene Menschentrauben hingen dort an ihrem Platz, tranken Bier, schauten übers weite Feld und waren orangerot angeleuchtet. Wir und sie, wir wechselten wissende Blicke. Konspirativ.
Wir spazierten durch den Schillerkiez in Richtung Columbiadamm und redeten von der Liebe, bogen dann links in die Hasenheide ein und gelangten auf den Jahrmarkt Mai land, wo wir die überdimensionierten Kuschelpreise der Schießbuden musterten und dem mechanischen Drakula zuhörten der – geschützt vor alkoholisiertem Testosteron – hinter einem Bausperrzaun an seinem Sarg hantierte.
Das Riesenrad war recht hoch und im Festzelt spielten die 2 Rocking Ladies Hits aus den achtzigern-neunzigern, im Hintergrund, von der Bude hinter uns, der wuchtige Beat einer Technomelodie, weiter weg das Knallen und Krachen der bestuhlten Drehmaschinen und Autoscooter und ich hörte sogar den mechanischen Drakula wieder, auf der Tanzfläche vor den Rockingladies, tanzten zwei blondierte Frauen ein bisschen schüchtern mit ihren Kindern zu einem ABBA-Cover, davor saßen ihre beiden Männer und ein paar Freunde bei Bier und Bratwurst. Diese wunderbar glückliche Traurigkeit machte mich ziemllich dings.

Danach im Graefekiez etwas getrunken und geredet bis es spät wurde.