Ich bin sehr spät damit, und das lag nicht daran, dass ich skeptisch wäre, sondern schlicht am unmöglichen Design dieser Flattr-Buttons. Das Grün-orange beißt sich doch sehr mit dem grauschwarzweiß auf dieser Seite. Und mit meinem ästhetischen Verständnis. Deshalb habe ich lange auf die Entwicklung der Flattr-Restapi gewartet, damit man vielleicht simple Textlinks einbauen kann, aber irgendwie wird das nichts, und je mehr Zeit verstrich, desto mehr wurde es mir egal. Aussehen ist eh überbedingst. Zudem: einem guten Text steht jede Frisur.
Ich merke auch, wie sehr ich in den letzten Monaten, beim innerlichen Vorbereiten dieses Posts, immer nach Rechtfertigungen suchte, weil sich bei Geldheischerei, dann doch meine vorgetäuschte Coolness wehrt. Aber dazu später.
Als damals die ersten Blogs mit der Professionalisierung begannen und Werbung schalteten, fand ich das übel, finde ich immer noch, ich wollte nicht einsehen, dass Werbung das einzige funktionierende finanzielle System für Inhalte im Netz gelten soll. Werbung ist bäh, ist öde, das ist der falsche Ansatz, darauf will ich mich nicht einlassen. Ich finde Geldverdienen im Internet durchaus gut, und deshalb auch wichtig, aber nicht, indem ich an dieser Produktverwertungsgrütze teilhabe.
Wir diskutierten viel über Ökonomie, bis tief in die Nacht, bei Wein und bei Bier. Und wussten vor allem, dass wir unsere kleine, feine Blogwelt vermissten.
In der Zwischenzeit war es leicht, mich ins hermetische Mysterium der Neinsager zurückzuziehen, dieses Blog als Liebhaberwerk zu verstehen und dadurch unangreifbar zu werden. Andererseits ist dieses Blog immer schon mehr als nur Liebhaberei gewesen. Über dieses Blog bin ich zu Veröffentlichungen in Anthologien gekommen, wurde ich zu Lesungen eingeladen, Literaturagenten haben mich angeschrieben, und nicht zu vergessen: Freunde. Und auch einschlägige Kontakte. Zudem verbringe ich viel Zeit mit dem Verfassen von Texten, meistens kommen sie zwar nicht ins Blog, weil sie oft nicht passen, mein Blog versteht sich ja mehr als autobiographisches Logbuch, aber trotzdem bleibt dieses Blog immer ein sehr wichtiges Nebenher, und ich glaube einfach, dass es mir Spaß macht, zu wissen, dass jemand bereit ist, zwanzig Cent zu bezahlen, wenn ich mal irgendwas supergescheites geschrieben habe.
Anfang dieses Sommers kam also Flattr aus Schweden. Ich war sofort begeistert. Es ist nicht der erste Micropaymentdienst, aber das schöne an Flattr war, dass sich ihm plötzlich alle anschlossen. Zumindest in Deutschland. Mensch, kann man sich denken, issja wieder Monopol, eine Firma, die an allem mitverdient. OK, fress ich. Der Schlüssel für ein Bezahlsystem im Internet ist aber: Einfachheit. Mit einem Klick und einem Account, einen Betrag überweisen. Und es braucht eine Art von, wie soll ich sagen: Einheit. Ein Zahlungssystem auf das man sich einigt, ein Standard, an dem sich jeder beteiligen kann, anstatt dutzender unterschiedlicher Dienste mit unterschiedlicher Accounts und Buttons und—
Also, das gefiel mir. Dass es auf einmal einen common sense gab. Wie wir Flattr vom kommerziellen Standard zu einem offenen Standard kriegen, ist eine andere Frage, aber erstmal nicht so wichtig. Zudem machen die Schweden ihre Arbeit gut.
Und vielleicht bin ich naiv. Ich habe einen okayen Job, ich habe ein regelmäßiges Einkommen. Aber eigentlich hätte ich wirklich Lust, nur von diesem Scheiß hier zu leben. Texte verfassen, Romane schreiben, Gedanken formulieren, die Welt verbessern, ha. Und meine Schreiberei war immer schon mehr als ein Hobby. Vielleicht bin ich wirklich naiv, aber vielleicht ist das einer der Wege, mir Zeit freizuschaufeln, die ich sonst anders verbringe, weil das Geld ja irgendwoher kommen muss. Ich meine, man wird kaum von den paar Klicks leben können, aber vielleicht reicht es ja, mich ein bisschen freizuschaufeln. Freischaufeln klingt immer so befreiend. Und vermutlich bin ich einfach bereit, mal etwas Neues zu auszuprobieren.
Und wenn es nichts wird, dann wird es eben nichts. Das sehe ich nicht so schlimm.
Was für die Gefahr bei Werbung gilt, dass die Inhalte sich ändern könnten, dass die Inhalte sich auch einem weiteren Publikum öffnen wollen, dadurch vielleicht lauter werden, gleichgeschalteter, oder angepasster, das kann natürlich auch bei Flattr passieren. Je mehr Leser, desto mehr potentielle Knete. Mal sehen. Ich glaube nicht, dass mich sowas beeinflusst, allerdings weiss ich auch nicht, wie sich das Schreiben anfühlt, wenn man mit dem Nebengedanken tippt, wie flatterbar der Text wohl werden wird.
Andererseits habe ich beim Schreiben immer Leser im Hinterkopf. _Immer_. Sonst würde ich in ein Tagebuch schreiben.
So, viel gerechtfertigt jetzt. Irgendwie hatte ich doch das Gefühl, es ansprechen zu müssen. Also, Flattr jetzt.
(den grünen Knopf gibt es erst wenn man auf den Eintrag klickt, nicht auf der Hauptseite direkt, wenigstens die Hauptseite wollte ich schönfabrig halten)