[Donnerstag, 2.9.2021]

Wegen des Bahnstreiks brachte ich meine Frau frühmorgens mit dem Auto nach Potsdam. Sie musste um 9 Uhr da sein und weil ich damit rechnete, dass wegen den Streiks die ganze Stadt verstopft sein würde, plante ich extra Zeit ein und ich sagte alle Meetings am Vormittag ab bzw ich sagte allen, dass ich erst spät ins Büro kommen würde. Statt 50 Minuten plante ich zwei Stunden ein. Man weiss nie.

Wir flutschten dann nach Potsdam als wäre ganz Berlin zuhause geblieben. Das ist vielleicht auch ein neues Phänomen, das Corona uns gebracht hat. Wenn die Bahn streikt, dann weiss man mittlerweile wie Homeoffice funktioniert.
Wir waren dann eine Stunde zu früh in Potsdam und da ich gleich wieder zurück nach Berlin fuhr, war ich so früh im Büro wie noch nie.
Als die Menschen nach und nach ins Büro hereintröpfelten, grüßten sie mich alle überrascht. Möglicherweise hatte ich ein Riesentheater um meine Fahrt nach Potsdam gemacht.

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Später am Tag, als ich nach Hause fahre, vollziehe ich zum ersten Mal in meinem Leben eine Vollbremsung. Ich konnte das bisher nur in den Fahrstunden vor einigen Jahren üben und ich wusste nie, wie ich im richtigen Leben auf solche Situationen reagieren würde, ehrlicherweise muss ich zugeben, dass ich Zweifel daran hatte, dass ich das Pedal richtig hart durchdrücke und gleichzeitig an die Kupplung denke.

Heute fuhr ich über den südlichen Teil der Friedrichsstrasse. Das ist der Teil auf dem man Vorfahrt hat. Dann kommt ein Auto von links und nimmt mir die Vorfahrt. Ich trete voll auf Kupplung und Bremse, so dass man das trrr trrr des ABS Systems spürt.
Beide Autos kamen zum Stillstand, weil auch der andere Fahrer eine Vollbremsung hinlegte.
Ich regte mich ziemlich auf, gestikulierte mit dem Finger und zeigte ihm die Vorfahrtsrichtung und hielt den Finger an meine Schläfe. Dennoch merkte ich schnell, dass die Aufregung etwas gekünstelt war, da ich mich total darüber freute, wie reflexartig und gut ich die Vollbremsung hingelegt hatte.
Ich fuhr gleich weiter und hatte die ganze Zeit ein inneres Yayyy in mir.

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Dennoch: ich trage derzeit eine bisher ungekannte schlechte Laune in mir. Schon seit ein paar Tagen. Ich muss mich regelrecht anstrengen, diese Laune nicht ständig nach aussen zu tragen. Ich schaffe es nicht immer, aber ich kenne das so auch nicht von mir.