Nicht nur sein Anzug saß wie gegossen, der Bewerber verkaufte sich auch rhetorisch wirklich gut: strahlte, lächelte, und erzählte voller Inbrunst von seinen Erfolgen, seinen beruflichen Stationen, die sich anhörten als würde er eine adlige Ahnengalerie vortragen, irgendwie wohlklingend, auch wenn sie niemand kennt. Er beantwortete die Fragen immer korrekt, sehr geschliffen, antwortete immer so wie man Antworten am liebsten hört, fast ein wenig schmeichelnd, wegen dieser dauernden Anerkennung in seinen Augen, als hätte man eine wirklich interessante Frage gestellt. Er war ein Prahler erster Klasse, doch hinterließ er trotzdem stets den Eindruck, einen Funken Bescheidenheit zu haben, irgendwie die Kurve gekriegt und letztendlich doch noch ein gutes Geschäft um sich gemacht zu haben.
Bis er vom meinem Chef mit völlig harmlosen Intentionen zu seinem Leben gefragt wurde, was er so mache. Sonstnochso eben. Und das siegesgewisse Strahlen dann aus seinem Gesicht in die Hose rutschte. Wie wir ihm die Antworten aus der Nase ziehen mussten, ob er ins Kino ginge, ja, ob er auch gerne ins Kino ginge, ja, und was denn sonst noch: uh schwierige Frage.
Hinaus aufs Eis.
Diese Angst sich zu verraten. Keine technischen und förderlichen Fakten mehr sondern biegsame und instabile Vorzüge, die sich nicht bewerten lassen um sie nachher auf den Markt zu jagen. Nachdem wir dann alles aus der Nase gezogen hatten was wir wissen wollten (Musik: mjah, tanzen: ja früher, Literatur: mjah, Reisen: mjah, etc) wusste er selbst ein Beispiel zu nennen: sein Auto und seine Freundin. In einem Atemzug.
Danach machte ich mir einen kleinen Spaß und fragte, was seine schlechten Eigenschaften nun wären. So zweidrei davon würde ich gerne wissen.
Daraufhin kam er vollends ins Schlittern. Schaute zu Boden, schwitzte, suchte mit den Blicken nervös nach Halt irgendwo im Raum — er tat mir leid.
Ich half ein wenig nach, sagte, nun, ob er beispielsweise schnell die Geduld verliere, oder ob er womöglich Schwierigkeiten mit der Priorisierung habe oder, na Sie wissen schon, so Dinge halt, die des weiteren aber auch nicht schlimm sind.
Er schlitterte. Wir ließen ihn zwei Minuten hängen, weil es schon danach aussah als käme noch etwas, aber dann hielt ich es nicht mehr aus und sagte, keine Sorge, er könne das auch per Email noch nachreichen falls er wolle.
Wir nehmen ihn natürlich nicht.
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