[Fr, 1.8.2025 – Johannis, Flussbaden, Saisonauftakt]

Hinterm Haus fand ich Unmengen von Johanniskraut. Ein Gewächs, das in meiner Kindheit schon eine Rolle spielte. Die Tante, die Johanniskraut nahm, um sich zu beruhigen. Wahrscheinlich hatte sie aber eine Depression. Es scheint ja wirklich bei milden Depressionen zu helfen. Fasziniert hat mich immer die Nebenwirkung, dass man davon lichtempfindlich wird. Das ging unweigerlich mit Johanniskraut einher. Dass es gut gegen Verstimmungen sei, aber eben lichtempfindlich mache. Dieser Abgrund, in den dich das Kraut hineinsaugt. Es verspricht dir, dich von deiner Düsterkeit zu befreien, und gleichzeitig erträgst du aber das Licht nicht mehr.

Deine Seele, mein.

Auf Wikipedia gibt es ein nicht angenehm anzusehendes Bild eines Schafes, das auf einer Weide nichtsahnend (vermutlich Unmengen) Johanniskräuter fraß. Die Sonne brannte dem Tier hässliche Wunden ins Gesicht.

Heute gingen meine Frau und ich das erste Mal in den Fluss zum Baden. Mein Schwager badet dort jeden Tag. Seit wir diese Außendusche haben, waschen meine Frau und ich uns dort. Wir wollten Schweden aber nicht verlassen, ohne mindestens einmal im Fluss geschwommen zu sein. An der Badestelle haben wir ein schwimmendes Thermometer. Es zeigt 21 Grad an, das ist eigentlich völlig in Ordnung. Die Travelling Lady badete dort jeden Tag und sie meinte, das Wasser sei wärmer als die Luft. Ich bin da ganz ehrlich: Ich mochte kaltes Wasser noch nie. Meine Frau stieg ganz unaufgeregt in den Fluss, ich hingegen brauchte mindestens 10 Minuten. Zehen → Knöchel → Waden → Oberschenkel → dann ganz lange zögern, schließlich → Hoden → Schreien → Bauch → dann wieder langes Warten, Selbstbespritzung → Gesicht → Kopf → und schließlich rein.

Vielleicht waren das sogar mehr als zehn Minuten.

Ab der Sekunde, in der man drin ist, will man aber nicht mehr aus dem Wasser raus. Immer das gleiche Dilemma. Es ärgert mich. Also das Dilemma. Als ich später wieder oben am Haus saß, strahlte mein Körper von innen heraus, wie ein Tempel. Dieses Gefühl ist schon gut.

Am Abend Saisonauftakt gegen Schalke. Wir verlieren in einem lähmenden Spiel 2:1. Das fängt ja gut an. Aber die Saison ist noch lang. So etwas ändert sich schnell, das weiß ich auch. Allerdings merke ich auch, dass es mich mittlerweile etwas runterzieht. Nachhaltig runterzieht. Ich bin nun wirklich kein Erfolgsfan, aber nach all diesen Jahren merke ich auch, dass mich die Hoffnung nicht mehr wirklich hochzieht. Dabei hoffe ich wirklich gerne. Die Hoffnung ist vermutlich der Kern der Fußballliebe, oder zumindest meiner Fußballliebe. Andere mögen vielleicht den Schmerz und andere lassen Niederlagen vielleicht eher kalt, bei mir ist es immer eher die Hoffnung gewesen, die mir Spaß machte. Momentan gleicht die Hoffnung aber nichts mehr aus. Es ist nicht so, dass ich keine Hoffnung mehr habe, aber die Hoffnung macht keine Freude mehr. Sie funktioniert zurzeit nicht. Natürlich kann ich es dennoch nicht lassen.

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