Die Beschreibung der Lesenden auch, sie liest sich immer wertend, egal wie sachlich ich die Kleidung aufzähle, es liest sich immer wertend, immer. Die Erwartungshaltung. Sogar meine eigene.
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In der Pause beim Bachmannlesen die Doku über Agota Kristof geschaut. Sie ist siebzig, trinkt Whisky, raucht Kette, ist einsam, abgedunkelt von Innen her. Wie sie sich aufgegeben hat, aber dies so selbstverständlich hinnimmt und fast schon belustigt darüber spricht.
Wir lasen einander Agota Kristof vor, das war am Anfang unserer Liebe, als wir die Tage im Bett verbrachten, alle drei Bücher über die beiden Zwillinge in einem Rutsch, ich las bis ich nicht mehr konnte, und dann übernahm K, bis sie nicht mehr konnte und dann wieder ich usw. bis wir darüber einschliefen. Draußen zogen die Tage vorbei und wir lagen drinnen, unbekleidet in den Laken, und waren völlig beiseite gedriftet. Abgedunkelt.
Seit gestern bin ich krank. K nennt es Sommergrippe. Ich habe im Schlafzimmer am Fußende des Bettes eine Konstruktion aus Polstermöbel und Sofa gebaut, und darauf das Laptop und Boxen gestellt. Da haben wir dann das Wettlesen in Klagenfurt und die Kristof-Doku geschaut. Dazwischendrin immer wieder weggedöst. Die feine Monotonie der Vorlesenden habe ich mit in den Schlaf genommen und dort weiter aneinandergereiht. Hintereinander, sorgfältig.
Später habe ich uns Pesto gemacht. Knoblauch ist ein natürliches Antibiotikum. K hat ein Kurzgeschichtenband von Agota Kristof hervorgeholt und mir während des Schnipselns ein paar Geschichten vorgelesen.
Diese Trilogie hat mich, als ich sie 1999 las, förmlich verstört. Bis dahin wußte ich zwar, daß Literatur nicht nur unterhalten kann, erfuhr dessen andere Seite, daß sie ins Bewußtsein eingreifen kann, als wär es das erste Mal. Literatur, die einem den Atem verschlug.