Achtzehn Grad und Sonne. Ende Februar.
Den Satz hatte ich gestern ja schon so ähnlich begonnen. Kann ich morgen und übermorgen so ähnlich wiederholen.
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Ich hatte einen langen Kennenlernspaziergang mit einem neuen Mitarbeiter aus Russland. Das mache ich mit allen Neuen. Einen kleinen touristischen Rundgang. Reichstag, Kanzleramt, Spree, Friedrichstraße, Unter den Linden, Brandenburger Tor, Stelenfeld, Potsdamer Platz. Während wir über Projekte reden, ist die Summe der Nebensätze einmal europäische Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts im Schnelldruchlauf.
Ich bringe ihn aus Spass zum Sowjetischen Ehrendenkmal an der Strasse des 17. Juni und sage, then it feels a bit like home. Aber er sagt, alles was er gerade nicht will, ist irgendwas Russisches. Ich kann das nachvollziehen. Als ich aus Südtirol wegzog versuchte ich allem, was südtirolerisch war oder nur annähernd nach alter Heimat roch, zu meiden. Nicht die schlechteste Voraussetzung, um irgendwo anzukommen. Es hat aber natürlich auch mit dem Groll zu tun, mit dem man die alte Heimat verlässt.
Dann reden wir über Heimat. Wiedermal.
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Abends die Podcastaufnahme mit Simon aus England und Patrick aus Quebec. Ein gewisser Nick aus Wisconsin kommt dazu. Er war vor vier Jahren das erste Mal (und ich glaube das einzige Mal) in Deutschland. Seine Familie hat einen bayrischen Hintergrund und wollte zum FC Bayern. Er ist zwischndrin nach Berlin abgehauen und ins Olympiastadion gefahren. Seitdem ist er Hertha Fan. Er weiss alles über Jugendspieler über Faninitiativen über die Vereinsstrukturen. So geht das macnhmal.
Wir haben viel Spaß.
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Mir kocht gegen Ende der Aufnahme noch ein Thema vom Wochenende hoch. Als vor Anpfiff des Spieles das Thema #ihrkoennaufunszaehlen angesprochen wird. Wie sich Dennis Aogo und die Moderatorin einig sind, dass homosexuelle Spieler unterstützt werden sollen und dass diese Kampagne Mut machen soll, bzw. die Unterstützung zusichern soll, falls sich ein Spieler nicht länger verstecken will, sondern sein Comingout haben möchte.
Dennis Aogo macht dann mit einem Satz alles kaputt: ich glaube nicht, dass der Fussball für ein Coming Out bereit ist.
Und alle so: nicken.
Ich habe mich sowas von aufgeregt. Was denkt so jemand denn? Gerade deshalb gibt es eine solche Kampagne um den Kollegen zu signalisieren: wir sind bereit und wenn es Unterstützung braucht, dann sind wir für dich da. Du musst es nicht tun, aber wenn du es willst, dann sind wir für dich da.
Und im nächsten Satz sagt ein Ex-Kollege: ich glaube nicht, dass der Fussball für ein Coming Out bereit ist.
Zum Glück ist mein englisches Vokabular nicht gut genug um solche Wutausbrüche rhetorisch zu untermalen. Und das schlimmste ist: niemand scheint das aufgeregt zu haben.