[Freitag, 28.5.2021 – Übergewicht, Kate Winslet und das Altern der Frauen]]

Ich muss noch 1,4kg abnehmen, dann habe ich keine Adipositas mehr. Dann habe ich nur noch normales Übergewicht. Ich komme von Adipositas II und habe mich einmal durch das ganze Adipositas I runtergehangelt. Voraussichtlich nächste Woche bin ich dann nur noch übergewichtig. Übergewicht, das klingt nicht nach viel, für mich klingt das “Über” aber bereits wie etwas Gutes, wie überreif, im Sinne einer leicht überreifen, cremigen Avocado.

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Am Abend schauen wir Mare of Easttown, diese neue Serie mit Kate Winslet. Ich mochte Kate als junge Frau nicht besonders, vermutlich wegen Titanic, denn als Titanic rauskam, schaute ich vorzugsweise südostasiatisches Autorinnenkino mit englischen (bzw niederländischen) Untertiteln, daher war groß orchestriertes Unterhaltungskino für mich gleichgestellt mit Schlagermusik. Kate Winslet war in dieser Welt die Verkörperung eine jungen Frau Anfang zwanzig und wenn es etwas gab, das ich damals schon furchtbar uninteressant fand, dann sind es Frauen Anfang zwanzig. Das galt übrigens auch für Männer in dem Alter. Aber da ich ja selber Anfang zwanzig war, musste ich halt irgendwie damit wurschteln.

Als 2011 “Carnage” (Gott des Gemetzels) von Polanski in die Kinos kam, wollte ich den Film zuerst nicht schauen, weil halt diese für mich immer noch Anfangzwanzigjährige mitspielte, das interessierte mich nicht so. Aber dann. Kunstpause. Kate Winslet mit 36. Was für eine Frau.

Jetzt auch wieder bei “Mare of Easttown”. Zehn Jahre später. Sie spielt eine Frau, die genau ihrem Alter entspricht, keine fingierte Jugendlichkeit, keine fingierte Mädchenhaftigkeit, keine forcierte Schlankheit, sie spielt genau eine Frau mit 46, total bei sich.

Es gibt ja dieses Gerede von der Fuckability, dass Frauen ab einem gewissen Alter nicht mehr begehrenswert sind, Männer in der Regel aber dutzende Jahre länger fuckable bleiben. Auch wenn das Hollywood- und Glamour-Gerede ist, kann man das Thema ja nicht ganz von der Hand weisen, vor allem, wenn wir uns die allgemeinen Schönheitsideale ansehen.

Ich habe ja diese These, dass es etwas mit den Altersrollen zu tun hat, dass Frauen oft nur lernen, wie man ein Mädchen ist, wie man unter die Haube kommt, wie man sich gebärfreudig gibt, sich danach aber schwer tun, eine Rolle jenseits der Mutterrolle zu finden. Mädchenrolle -> Mutterrolle -> […], und dann im Zweifel sich lieber jenen Qualitäten zuwenden, die sie als junge Frau auszeichneten, weil man damals ja damit sozusagen erfolgreich war. Während die meisten Männer sehr schnell aufhören wollen “Jungs” zu sein und sich lieber zügig als Mann definieren um danach im Wesentlichen nur noch ganz normal altern.

Ja, das ist schon ein bisschen verkürzt, aber dennoch. Ich bin mir sicher, dass es vor allem an guten (und vielen guten) Vorbildern fehlt. Wir brauchen mehr gute Vorbilder, dann ändern sich auch die Schönheitsideale. Schaut mehr Kate Winslet und Gillian Anderson.