Dienstagfrüh checkte ich als erstes den Karton unter dem Auto. Ich konnte keine Öl- oder andere Flecken entdecken. Das wertete ich als gutes Zeichen.
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Nach dem Frühstück war mein Schwiegervater beim Elektriker im Nachbardorf verabredet. Es ging darum einige technische Details zu klären. Ich wollte unbedingt mit. Aus Neugierde, Menschen beim Leben zuzusehen. Zu sehen, wie der Elektriker wohnt, wo er wohnt, wie er sich eingerichtet hat, wie seine Frau aussieht, was sie im Alltag anziehen, wie man sich mit Schweden trifft, redet etc.
In diesem Zuge sollten meine Frau und ich ihn kennenlernen, da wir in Zukunft öfter mit ihm zu tun haben werden.
Das Dorf, in dem der Elektriker lebt hat 651 Einwohner und ist eine kleine, niedliche Siedlung entlang einer schmalen, von Laubbäumen umsäumten Strasse. Viele Häuser sind ehemalige Bauernhäuser, natürlich aus Holz und in rotweiss, die Häuser haben so viel Abstand zueinander, dass man ziemlich privat und unbehelligt von anderen leben kann, aber dennoch nah genug, dass es sowas wie eine soziale Kontrolle gibt. Soziale Kontrolle meine ich in diesem Sinne positiv.
Das Haus des Elektrikers ist ein zweistöckiger Holzbau mit einer hölzernen Veranda, etwa 50 Meter rechts des Weges. Auf dem Grundstück stehen zwei Scheunen, eine größere und eine kleinere, dahinter befinden sich Felder. Drei langhaarige Katzen begrüßen uns und lassen sich streicheln. Der Elektriker kommt heraus und bittet uns zu einer hölzernen Sitzgarnitur, die neben dem Haus in einer wind- und sonnengeschützten Bereich steht. Wir brauchen nur ein paar Minuten, es geht ums Abstimmen von ein paar Details, es wird daher kein Getränk oder Kaffee serviert. Ich sage bei der Begrüssung sofort, auf schwedisch, dass ich kein Schwedisch spreche, um zu vermeiden, dass er glaubt ich sei ein Dödel, der den Mund nicht aufmacht und immer ein bisschen so guckt als würde er nix verstehen.
Er trägt ein Metal Tshirt und hat einen Spitzbart. Er wirkt nett. Seine Frau kommt dann auch heraus. Sie ist vermutlich mitte vierzig, trägt Tshirt und Shorts, sie sieht aus, als würde sie in Prenzlauer Berg herumlaufen, aber der Schwiegervater hat mir erzählt, dass sie immer mit einem dicken Traktor über die Felder fährt. Ich bin beeindruckt.
Auf der Rückfahrt bitte ich den Schwiegervater durch das Dorfzentrum zu fahren. Das Dorf hat kein richtiges öffentliches Leben mehr. Es gab mal einen Bahnhof und der Ort war jahrunderte lang bekannt für überregionale Käseherstellung. Der Bahnhof wurde aber stillgelegt und Käse wird seit den dreissigerjahren nicht mehr produziert. Es wird hier also nur noch gewohnt und auf kleinerer Ebene gearbeitet.
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Am Nachmittag mähe ich den Weg mit diesem tragbaren Mähgerät. Der kleine Akku hält genau zwanzig Minuten, der große Akku etwas mehr als eine Stunde. Nach fast zwei Stunden bin ich ziemlich erschöpft. Die Bewegungen, die ich beim Mähen absolviere sind mir sehr fremd, meine Unterarme sind völlig kraftlos geworden und wenn ich ein Glas in der Hand halte, zittere ich bzw ich kann das Glas gar nicht richtig festhalten. Auch fühle ich einige Muskelstränge in den Oberarmen, von denen ich nicht wusste, dass sie da sind. Ich fürchte ein wenig den Muskelkater von morgen.
Von den 300 Metern, die ich mähen sollte, habe ich etwa 70 geschafft. Es geht wesentlich langsamer als gedacht. Die 70 Meter sind ungefähr, mit Strava kann man per GPS Streckenverläufe aufnehmen. WIe genau das ist, weiss ich nicht, aber Schritte sind es 85. 70 Meter könnte also stimmen.
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Danach bin ich körperlich ziemlich erschöpft. Ich bekomme Whiskey aus Orkney und Bier aus Göteborg. Das wandelt die Erschöpfung in Cremigkeit um. Das ist nicht schlecht. Dann beginnen die Vorbereitungen für das Essen, ich sitze vor dem Haus auf der Bank und schäle Kartoffeln. Es gibt warmgekochten Lachs.