[Samstag, 7.8.2021 – Bären, Fachwerkkirche]

Am Samstag sind wir nach Stuer an die Müritz gefahren, weil es dort einen Bärenwald gibt. Also Bären, die zwar in Gefangenschaft leben, aber auf riesigen Flächen im Wald. Durch diesen Wald kann man spazieren, dabei ist man mittels hohen Zäunen mit Elektrospulen von den Tieren getrennt. Bären. Das sind erstaunliche Tiere. Es sind ja Hundeartige.
Wir saßen eine ganze Weile alleine bei so einem großen Braunbären der gerade ein paar Möhren verspeiste. Man könnte mit so einem Bären vermutlich relativ friedlich zusammenleben, wenn er merkt, dass man kein Feind ist, schließlich interessiert sich ein Bär nur für Nahrung. Ich ahne aber, dass sie launisch sind. Vermutlich hauen sie dir dann einfach mal ihre Pranken über, wenn sie Lust darauf haben. Deswegen sind sie auch Einzelgänger. Und deswegen konnte man Wölfe vermutlich zähmen, weil Wölfe sich anführen lassen und Hierarchien anerkennen. Das ist meine Erklärung dafür, während ich so auf dieser Bank saß und Fotos für Insta machte.

Die Bären in diesem Wald sind gerettete Bären, meist aus russischen Zirkussen. Einer der Bären war zwei Jahrezehnte lang hinter einem kroatischen Restaurant angekettet, um Gäste anzulocken. Dann gab es diesen Bären mit nur drei Beinen. Das eine Bein hat er bei einem Kampf verloren. Allerdings habe ich nicht verstanden ob dem Kampf eine tragische Geschichte zugrunde lag, oder ob es bloss Natur war. Ein Kampf halt. Um Hoheit. Um ein Weibchen oder um Futter. Man neigt aber trotzdem dazu die bösenbösen Menschen dafür verantwortlich zu machen. Einfach weil es besser zu dem Gefühl passt, geretteten Bären zuzusehen.

Später machten wir eine längere Pause auf einer etwas abseits gelegenen großen Liegebank. Wir quatschten rum, schlossen auch die Augen, die schwache Sonne im Wald wärmte das Gesicht. Wir schliefen fast ein.

Dann.

Dann begann der Boden zu zittern. Ein dumpfes Poltern. Das Poltern eines rennenden, schweren Tieres. Das Poltern wurde jeden Moment lauter und dann hörte man sogar ein Schnauben und Schnaufen. Und dann das Geräusch, von einem schweren Tier das ins Wasser stürzt. Ich finde kein richtiges Synonym dafür. Platschen ist zu kindisch und es würde der Schwere des Tieres nicht gerecht.
Wie wir da so im Wald lagen, fast schon schliefen, und diesen schweren, rennenden Bären hörten. Der Puls war in einer Sekunde auf 600 bpm.

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Auf dem Rückweg hielten wir bei dieser kleinen Fachwerkkirche neben der Strasse. Es ist die Dorfkirche von Stuer. Protestantische Kirchen sind immer verschlossen, ich weiss nicht, warum das so ist. Aus meiner Kindheit und Jugend weiss ich noch, dass wir immer in jede Kirche hineingegangen sind, wenn wir verreisten. Wir waren aber immer in katholischen Gegenden unterwegs. Seit ich aus katholischen Landen weggezogen bin, stehe ich immer vor verschlossenen Kirchen. Den Habitus, immer in Kirchen gehen zu wollen, konnte ich nämlich noch nicht ablegen.