Neulich bei der Friseurin gesessen, sie hatte lilane Haare, dunkel umrandete Augen, Ringe in der Lippe und in der Nase. Ich schaute ihr verträumt beim Schneiden meiner Haare zu. Das war so verliebt verspielt, wie sie mit den Fingern durch meine Haare fuhr, die Länge schätzte, und in kurzen Schnippen, die Frisur stutzte. Sie hatte an einer Seite langes, gezwirbeltes Haar, bis zur Hüfte. Hätte ich als kleiner Junge kinkigere Träume gehabt, wäre sie wohl mein Rapunzel gewesen.
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Als ich selber noch grüne Haare trug, dann hatte ich ja so oft das stolze Gefühl, mit diesen Haaren nie einen Job zu kriegen, oder gar, in ein vernünftiges Leben zu rutschen. Ob man in ein vernünftiges Leben überhaupt hineinrutschen kann, ist eine andere Frage, aber jedenfalls fühlte ich mich mit zunehmendem Alter etwas unpassend damit, auch als das grüne Haar längst schon weg war, innerlich blieb so vieles grün, immer dieses soziale Statement das man doch immer abgibt. Je älter ich wurde und je professioneller mein Arbeitsverhältnis wurde, desto privater fühlte sich mein innerliches grün an.
Meine Friseurin trägt ihr lilanes Haar aber als Teil ihrer professionellen Identität.
Mein Haar war damals immer Statement, ob ich durch das Dorf lief, ob ich bei den Schwiegereltern vorgeführt wurde, ob ich in die Bar ging. Ich frage mich, wie sie das macht, ob das Statement ist, natürlich, ja, aber sie wirkt so viel professioneller dabei, als wäre es Ausdruck ihres Erfolges, wobei es bei mir immer Ausdruck meines Scheiterns war. Auch wenn das bewusst herbeigeführt war. Aber vermutlich ist der wesentliche Unterschied der, dass sie gut riecht.
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