Heute wieder in der Botschaft gewesen und mir das erste mal ernsthaft überlegt, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen, nicht nur, weil es keinen Sinn macht, weiterhin Italiener zu sein, wenn ich ohnehin nicht dort wohne, und das schon seit neunzehn Jahren nicht mehr, sondern vor allem, weil ich diese bräsige, lahme, überhebliche und faschistoide Art der italienischen Repräsentanzen nicht mehr aushalten mag. Und nicht zu vergessen, wenn sie meinen unitalienischen Namen lesen und mich als Südtiroler zu orten wissen, wie sie mir mit jeder Geste zu verstehen geben, ohnehin keiner von ihnen zu sein. Mal ehrlich: ich möchte nicht auf diese Leute angewiesen sein.
Aber der endgültige Schrecken kam mir erst, als ich am Leipziger Platz beinahe vor ein Auto gekommen wäre und ich mir später dachte, in der Zeitung wäre gestanden, ein Italiener sei an der Leipziger Straße überfahren worden. Das war mir dann zu viel.
Aber alles der Reihe nach, gestern bin ich erst von der Katholischen Kirche ausgetreten. Ich will nichts überstürzen. Der Beamten wollte ich sagen: »Hallo, ich möchte vom Glauben abfallen« fand den Witz aber albern konstruiert und hielt daher meinen Mund. Es ist schon tragisch genug, mit wie viel Dummheit ich überhaupt der Kirche beigetreten bin. Als ich vor sieben Jahren nach Deutschland zog, gab es auf dem Meldeschein die Felder zur Religionszugehörigkeit anzukreuzen. Ich war Katholik, zumindest als Kind mal, also gehörte da auch das Kreuz hin. Fand ich in der protestantischen Diaspora nur konsequent – und witzig. Aber eigentlich eher kindisch. Dass das die Kirchensteuer besiegelte, wusste ich erst lange Zeit später. In Italien gibt es die Kirchensteuer in dieser Form nicht. Man wird getauft und dann, nunja, dann ist man eben Teil der Kirche.
Auch albern, das.