wäh

Wäh, was fand ich in Holland Karnemelk immer eklig. Wie Milch die man zu lange in der Sonne hat stehen lassen, tagelang, um sie danach in den Kühlregalen der Läden zu stellen und als wertvolles Milchprodukt zu verkaufen. Wäh, was hasste ich Karnemelk. Wäh, und ich hasste auch meinen Kollegen, der eklige Klugscheisser, der immer eine kleine Tüte Karnemelk von Albert Heijn bei sich hatte und sie in einem Schluck austrank, nachdem er sein langweiliges Käsebrötchen gegessen hatte, das er sich immer bis Punkt zwölf Uhr aufgespart hatte. Diese fantasielosen roten Tüten, am Design der Albert Heijn-Milch angelehnt, nur rot, wäh, wie kommt man bloss auf die Idee verfaulte saure Milch in Rot zu verpacken.

Und was ich noch viel mehr hasse, sind diese internationalen Verpackungen. Wenn ich dann beispielweise meine kürzlich liebgewonnene Buttermilch trinke, die mich an ganz besonders harten Katertagen stärkt und diese verdammten internationalen Verpackungen immer mit der ganzen verdammten Wahrheit rausrücken. Weil ich nach dem Trinken die dreisprachige Beschreibung lese, auf der dann steht:

Buttermilch
Karnemelk
Burreue

Bäh, was hasse ich diese klugscheisserische Mehrsprachigkeit.

wenn der Somnambule mit dem Alligator…

Wir lieben ihn ja am meisten wenn er in seinem Cafe niveauvoll herumjammert, aber trotzdem freute es uns damals ohnegleichen, als wir erlebten wie ein kleiner bissfreudiger Alligator ihn mit einigen lustigen Momenten bescherte.
Ich wollte diese Geschichte schon lange lesen, hatte aber immer Schwierigkeiten sie musikalisch zu unterlegen (Ian Curtis hat nie auf meine Mail geantwortet in der ich um Erlaubnis bat, seine Musik dem gesprochenen Text beizulegen und anschliessend im Internet zu veröffentlichen), deshalb habe ich mich zu einem pragmatischen Anpack entschlossen und fing vor einem Jahr an, eifrig die vier Schnappi-Akkorde auf meinem Klavier zu üben. Auswendig.
Und heute kann ich endlich voller Stolz die vier Minuten und siebzehn Sekunden über Kids wundersame Erfahrung mit dem rockigen Krokodil präsentieren.

Drüben bei Blog:Read.

Rumpelgestielze

Ich bin seit drei Wochen so uninspiriert wie eine kaltgefronene Forelle. Dabei höre ich seit drei Wochen die ganze Zeit Oasis. Und wenn ich die gerade nicht höre, dann summe ich doch wenigstens eines deren Lieder. Halbfröhlich und uninspiriert vor mich hin. Das war schon immer so. Jedenfalls seit ich Oasis kenne. Und das ist schon länger als mir lieb ist.
Jetzt weiss ich nur nicht ob es an der Band liegt, dass ich uninspiriert durch die Gegend laufe, oder an meiner uninspirierten Gemütslage, dass ich immerzu gerade Oasis höre.

Zum Test sollte ich ab morgen vielleicht andere Musik hören. Und weil ich schon dabei bin: die Oasis CDs in Stücke zerhacken und aus meinem Haushalt verbannen. Für immer.

mein erster Wochenenddienst

Endlich ungeniert an meinem eigenen Bürotisch den Sack kratzen dürfen wenn es juckt.

[Ich frage mich warum Horrorfilme immer in alten, ächzenden Häusern gedreht werden, wobei tausende leerstehende Quadratmeter klinischer Büroflure und -Räume dreimal so gespenstisch wirken. (Das allgegenwärtige, leise hohe Summen, das man unter der Woche nie hört weil die Arbeitswelt ihre aufgeregte Geräuschkulisse aufzieht, macht mich wahnsinnig)]

mek wito Superstar

Wenn ihr heute Abend nicht aufpasst, dann erscheine ich nach Neun plötzlich und unangekündigt auf euren Fernsehern.

Wie gerne würde ich jetzt sagen es handele sich um ein Interview mit mir, in dem man mir schmeichelnde Fragen über meine Schreibe stellt, wo man mich umschwärmt, aus meinen Geschichten zitiert und mich fragt was ich mit diesem und jenem Satz gemeint habe und ob Südtiroler Speck nicht vielleicht meine Metapher für den Weltfrieden sei.

Es würde mir auch schon reichen, würde man meine Risottogerichte loben. Ein Satz nur und ich wäre glücklich: „Sehr geehrter Mek Wito, Ihr Risotto ist pu-rer Sex. Jetzt können Sie wieder gehen“. OK das sind zwei Sätze, aber mehr brauche ich gar nicht.

Stattdessen war es so, dass ich Anfang Januar zum Zollamt ging, um eine Uhr abzuholen die ich ende November, über eBay, aus Singapur ersteigert hatte. Weihnachtsgeschenk – es war schon Januar geworden.
Drin beim Amtsschalter überfiel mich ein aufgeregtes Trio mit Kamera und Stabmikrophon. Eine blonde junge Dame fragte mich ob ich mich bei der Paketabholung filmen lassen würde. Mein Haar sass scheisse, deshalb zögerte ich ein wenig, jedoch versicherte sie mir, dass meinem Haar wirklich nichts auszusetzen sei. Also sagte ich zu.

Daraufhin durfte ich mich endlich der Schalterdame zuwenden:
„Hallo, ich möchte gerne meine Drogen abholen“

Licht aus, Kamera aus. Die blonde Dame kreidebleich.
„Nein, das geht so nicht, das ist eine seriöse Reportage. Nochmal von vorne bitte“.
„Die Drogen soll ich also nicht erwähnen?“
„Genau“.
Danach ging es einfacher. Ich wusste welche Person Deutschland im Zollamt sehen wollte: den etwas verärgerten jungen Mann, das unschuldige Opfer das sich in den Wirren der Plagiatmafia aus Singapur verstrickt hatte. Ein Thriller ohnegleichen.

Wer bei diesem Wetter nichts besseres zu tun hat, kann sich heuteabend also auf Kabeleins um 21:15 das K1 Magazin sehen. Mek Wito zeigt Deutschland wie schlecht die Welt da draussen ist.

Und beim Rausgehen sah ich dann, dass mein Haar wirklich scheisse sass.

dialog

KIND (hat Angst): Mama, das grosse schreckliche Wort macht mir Angst.
MUTTER (hat keine Angst): Das kann nicht sein.
KIND: (hat grosse Angst): Doch Mama, schau wie es sich regt!
MUTTER: Aber es ist doch tot!
KIND: Aber ich will kein totes Wort auf meinem Zimmer.
MUTTER: Hier ist ja alles tot.
KIND: Oma nicht.
MUTTER: Aber das Wort schon.
KIND: Das Wort hatte aber auch nen Sprachfehler.
MUTTER: Na und? Deine Geburt war auch ein Fehler.
KIND: Meine Geburt war eine Hilfe!
MUTTER: Auch ein Fehler.

(POLIZIST kommt zur Tuere herein)
POLIZIST: Hallo. Ich habe gehoehrt, hier gaebe es einen Mord.
MUTTER: Ja, manchmal.
POLIZIST: Also heute nicht?
MUTTER: Spaeter vielleicht.
POLIZIST: Dann warte ich.
KIND: Und was nun?
POLIZIST: Du bist zu klein, du sollst noch keine Schicksalsfragen stellen.
KIND: Faschist!
POLIZIST: Haben sie gehoert gnaedige Frau? Sie sollten ihrem Kind Respekt vor der Staatsmacht beibringen.
MUTTER: Kommt, lasst uns schweigen.
KIND: Genau.
POLIZIST: Und warten
MUTTER: Worauf denn?
POLIZIST: Auf den Mord.
MUTTER: Achja.

(TOTE OMA steht auf und schreit:)
TOTE OMA: Ich war es!
MUTTER: Nein ich.
POLIZIST: Was denn?
TOTE OMA: Der Mord.
POLIZIST: Aha. An wen denn?
TOTE OMA: An das tote Wort.
POLZIST: Wie alt war es denn?
TOTE OMA: Um die 52.
POLIZIST: Wie schrecklich. Es konnte also nicht mal die Fruechte der Rente pfluecken.
TOTE OMA: Ach Schnauze, es hat seinen Lebtag nie gearbeitet.
POLIZIST (entsetzt): Ein Parasit?
TOTE OMA: Behindert. Es hatte einen Sprachfehler.
POLIZIST: Wie schrecklich.
TOTE OMA: Und jetzt hau ab. Wenn sich jemand umbringt rufen wir dich.
POLIZIST: Aber ich bin doch ein Diener des Volkes.
TOTE OMA: Jaja, das sagen sie alle, auch das Tote Wort hat das gesagt.
KIND: Ja und dann wars zu nichts zu gebrauchen.
TOTE OMA: Karriere wollte es machen! In Brechts Buechern grandios auftreten.
KIND: Gross und eine gescheiterte Existenz zugleich war es.
TOTE OMA: Und wie das Schicksal so nun mal spielt bringen sich solche Existenzen ums Leben.
POLIZIST: Womit dann?
TOTE OMA: Es hat sich rueckwaerts geredet.
POLIZIST: Mit Sprachfehler?
TOTE OMA: Mit Sprachfehler.
POLIZIST: Wie schrecklich.
TOTE OMA (Kneift dem POLIZISTEN in den Hintern): Sag mal Bulle, kannst du auch noch was anderes als Fragen stellen?
POLIZIST: Ich diene!
TOTE OMA: Wem?
POLIZIST: Dem Volke.
TOTE OMA: Den Dienern?
POLIZIST: Wenn man das so nennen will…
TOTE OMA: Ich will dich nicht!
POLIZIST: Aber gnaedige Frau, ich diene doch dem Volke.
TOTE OMA: Ich bin ein Individuum und kein Volk.
POLIZIST: Mehrere Individuen machen ein Volk.
TOTE OMA: Ein Individuum macht noch keinen Sommer.
POLIZIST: Die Schwalbe macht das Volk.
TOTE OMA: Unsinn, der Storch macht das Volk.
KIND: Also bin ich kein Volk?
TOTE OMA: Du bist ein Individuum mein kleines, der Storch kam bei dir nur einmal.
KIND: Ich wurde gar nicht vom Storch gebracht.
TOTE OMA (mit boesem Blick ans KIND): Ach nee?
KIND: Mein Stiefvater hat meine MUTTER gevoegelt.
TOTE OMA: Na, also doch Voegel.
MUTTER: Komm lass uns schweigen. Ik bekomme Minderwertigkeitskomplexe wenn ihr so frei und ungezwungen redet waehrend ich das nicht kann.
POLIZIST: Ich werde weiter reden.
TOTE OMA: Egoist.
KIND: Fascist.
POLIZIST: Ich bin kein Faschist.
(TOTE OMA zieht ihre Pistole raus und schiesst den POLIZISTEN in den Kopf, danach die MUTTER und dann das KIND. Am Ende sichselbst.
TOTE OMA ligt auf dem Boden und spricht einige unverstaendliche Worte)

[Mek Wito, 1992, Südtirol.
Ich habe in meinem Leben ja nie was besonderes erreicht, aber über einen unscheinbaren Zufall und einigen hunderten Umwegen, wurde dieser kurze Text ins polnische übersetzt und erschien dort in einem kleinen Literaturblatt
]

ja, ich auch vier

Jaja, als Letzter des ganzen Bloggerhaufens da draussen, bekomme ich das Stöckchen natürlich gleich in dreifacher Form zugeworfen. Ich würde jetzt gerne jammern, wie ungerne ich das immer mache, ausser es gibt was tolles oder hilfreiches dazu zu berichten, aber weil Frau Mai so nett ist, der werte Kid mich einen Hengst genannt hat und weil ich von DonDahlmann ein Kind haben möchte, mache ich mit:

Vier Jobs die ich mal hatte:
# Apfelpflücker
# Schlossführer
# Hilfskoch des Hilfskoches
# Apfelpflücker

Vier Filme, die ich mir immer wieder ansehen kann:
# Breaking the waves (Lars von Trier) – ab der Szene auf der Jacht muss ich ausschalten. Da wird der Film unerträglich für mich. Was mich zum Glück immer wieder vergessen lässt wie ungeheurlich schlecht der Film endet.
# Der Mieter (Roman Polanski)
# Lady Zara – Corset Sisters
# Sense and Sensibility
# Horny Bitches
# The Terminator (nur den ersten Teil)
# Jim Jarmusch (eigentlich alles was der so gedreht hat)

Vier Städte in denen ich gelebt habe:
# Milano
# Utrecht
# Wien
# Madrid

Vier TV Shows die ich liebe:
# oh hier hab ich es schwierig
# ich sehe nämlich kaum fern
# aber früher in Holland, da guckte ich immer:
# „Goede tijden, slechte tijden“

Vier Plätze an denen ich Urlaub gemacht habe:
# Geesthacht
# Wedel
# Lemmsahl-Wellingstedt
# kleiner Vorort von Lüneburg (Name vergessen)

Vier Sachen, die ich gerne esse:
# Risotto (jeglicher Art und immer)
# Selbstgemachten Pesto (am besten ohne Nudeln)
# Südtiroler Tirtlen (demnächst teste ich die mal mit erotischer Sauce)
# Käse mit irgendwas
# Dönermitalles
# den Braten meiner Oma (möge sie in Ruhe frieden, aber sie hätte den Hinterbliebenen schon erklären können wie sie diese braune Sauce zu den zarten Rinderstücken mit in Rosmarin marinierten Ofenkartoffeln hinbekommen hat, bevor wir sie in jenes Loch hinabhievten)

Vier Seiten, die ich täglich besuche:
# Ole
# Fragmente
# Zwilobit
# Melone

Vier Plätze, an denen ich jetzt lieber wäre:
# unten im Restaurant (vier mal lieber als hier)

Vier Leute, die diese Fragen auch beantworten sollen:
Oje, gibt es überhaupt noch wen?
# oh: die Frau ohne Flugangst hat noch nicht. (Glück gehabt) nee, hatte schon.
# Robstar!
# Anne hatte noch nicht. Ich bezweifle allerdings ob sie Lust auf sowas hat, aber ich muss ja.
# bei der Lichtblickerin habe ich es auch noch nicht gesehen.
# Und dann Emma. Das ist der Vorteil frische Blogs zu kennen. Dann wird man nämlich die Stöckchen los.

Seelenzähler

In der Zwischenzeit möchte ich allen hier mitlesenden Bloggern nahe legen, dass es seit einigen Wochen einen wirklich sauberen und guten Besucherzähler gibt, der keine dubiosen Sachen mit euren Daten und den Daten eurer Besucher macht. Von Meister Dirk „Blogger.de“ Olbertz ins Leben gerufen und entwickelt.

Wer also der zwielichtigen Counter mit Popups, merkwürdigen Javascripts oder anderen Widrigkeiten müde ist, sollte sich den Blogscout-Counter ins Weblog einbauen. Der kann alles was alle anderen Zähler auch können. Nur besser.

und jetzt der Weltfrieden

Ich verlasse das Büro um zweiundzwanzig Uhr irgendwas und schreite durch das eiskalte nächtliche Barmbek auf den Weg zur Ubahn.
Robert, Exil-Hamburger in Bayreuth hatte mir im halbstündlichen Rhytmus den Spielstand durchgetickert. Pauli 1:0 Bremen. Pauli 1:1 Bremen. Pauli 2:1 Bremen. Ich bin alles andere als ein Fussballfan, aber in meiner Brust wird es immer ein bisschen wohlig warm wenn ich mich in der Gewissheit wiege, dass es dem FC St.Pauli gut geht. Und wenn ich dann lese, dass dieser lausige und ewigpleite Drittligist zwei Tore gegen den grossen und mächtigen Werder Bremen schiesst, dann klingt das zwar wie ein schlechter Witz, aber da kann ich in aller Stille aus Freude eine Träne vergiessen. Und das heutige Spiel ist ja nicht Nix, immerhin Viertelfinale für irgendeinen ganz wichtigen Pokal. Aber eigentlich kümmert es mich nicht weiter.

Ich stampfe also durch den Schnee und dann höre ich Jubelschreie aus einer Wohnung irgendwo links oben. Ich stecke meinen Kragen noch höher und laufe weiter. Aus der Ferne, rechts, irgendwo jubelnde Männer. Und Klatschen. Etwas später ein überfülltes Auto das den Bolero hupt. Oder war es Heinos Haselnuss?

In der Ubahn ist es angenehm warm, ich ziehe mein Buch hervor und lese, jedoch werde ich ab der nächsten Haltestelle von zwei männlichen Zugestiegenen abgelenkt. Getuschel: Pauliboah … Bei jeder Haltestelle wird die Ubahn voller und das Getuschel lauter. …Pauli… hinter mir …Pauli… vor mir.
Später steigen zwei Fussballkenner ein und unterhalten sich wie Fussballkenner sich eben unterhalten müssen. Und von denen erfahre ich es: St.Pauli hat Werder Bremen mit 3:1 besiegt. Ich staune. Und muss ein bisschen lachen, bevor ich mich schnell zum Fenster drehe um mir eine kleine Freudenträne aus dem Auge zu wischen.
An der Hoheluftbrücke steigen zwei junge Studenten ein und setzen sich gegenüber mir. Sie sabbern schon vor lauter Partylaune. Der eine zückt das Mobiltelefon: Wir fahren aufn Kiez … ja 3:1 … gut, in einer halben Stunde vorm Mojo. Strahlende Gesichter. Haltestelle Schlump, die Türen gehen auf und ich höre aus entfernten Ubahngängen: Saanggg Paaaaaaauiiiiii, saaaaaang paaaaaaauiiiiii.

Sternschanze muss ich dann aussteigen. Mit mir wartet ein älterer Herr -Typ Lehrer in Rente- an der Tür. Kurz bevor wir in den Bahnhof einfahren schaut er mich an, fängt an zu strahlen und sagt leise und ein wenig schüchtern: „drei zu eins!“.

Ich lächle. Er lächelt.

Vielleicht kommt mit der Welt doch alles gut.

UPDATE: Auch von der Rückseite der Reeperbahn gibt es einen Bericht. [via Emma]