Am Mittwoch traf ich mich mit einem Headhunter, der mich gerade an eine Firma vermitteln will. Wir setzten uns in eine Galerie nahe des Gendarmenmarktes und tranken einen Kaffee. Die ganze Gegend ist eine Art Businessdistrict geworden. Ich arbeitete lange dort, aber erst jetzt fällt mir auf, wie sehr mich die Gegend an Mailand erinnert. Das Berlusconi-Mailand, das Medien-Mailand. Die 5-geschossigen Häuser, die Hauseingänge aus Glas und Marmor, die geparkten Limousinen mit Fahrer. Immerhin sind die Leute hier besser gekleidet als im restlichen Berlin.
Wir redeten über Musk. Über Peter Thiel. Über die neue totalitäre und autoritäre Rechte. Und wie die dystopischen Themen der Filmgeschichte zunehmend realer werden: Total Recall, 12 Monkeys, Terminator, Minority Report, Brave New World usw. Von Orwell wollen wir gar nicht reden.
Nachher ging ich ins Alexa. Ich suchte nach schwarzen Sneakers. Ich brauche Sneakers, die nicht so schnell schmutzig aussehen. Ich trage derzeit weiss und gelb, die färben sich zu schnell in ein fahles Berlingrau. Die Suche lief erfolglos, vielleicht weil ich eine zu genaue Vorstellung davon habe, wie sie auszusehen haben. Dabei durchwanderte ich einmal das komplette Alexa. Alle drei Geschosse und alle zwei Segmente. Am Ende hing ich allerdings im Thalia ab. Schon neulich schrieb ich über dieses Thalia. Oder über Buchläden im Allgemeinen. Weil ich in den letzten Jahren so selten Buchläden besuchte, vergass ich die ständigen Kauftrigger, die solche Läden in mir auslösen. Nach einer Viertelstunde hielt ich fünf Bücher in den Händen. Bevor ich zur Kasse ging, konnte ich mich allerdings von allen wieder lösen.
Und so fuhr ich ohne Sneakers und ohne Bücher wieder nach Hause. Nächste Woche bringe ich das Auto zum Reifenwechsel weg. Nicht weit vom Dussmann entfernt. Ich werde ein paar Stunden warten müssen. Dabei weiss ich, wo ich mich ein paar Stunden lang aufhalten werde.
Am Freitag hielten wir die Mitgliederversammlung des Fanclubs ab. Wir trafen uns wie immer im Haus der Fussballkulturen an der Cantianstrasse im Prenzlauer Berg. Es gab viel Gesprächsbedarf. Lustigerweise offenbarten sich unterschiedliche Vorstellungen darüber, was Support ist und wie man sich in der Kurve zu verhalten hat. Da unser Fanclub neben der Grösse, auch ein breites Altersspekturm abbildet, gibt es die jungen Leute, die fast schon Ultras sind und die alten Leute, die einfach das Fussballspiel sehen wollen und es gibt noch ganz viel dazwischen. Und alle haben ein eigenes Verständnis davon, was genau „die Kurve“ ist.
Am Ende sind wir vermutlich alle weiser geworden. Geeinigt haben wir uns auf nichts, es war aber dennoch gut, die Diskussion geführt zu haben.
Dazwischen lief immer meine Hündin durch die Reihen und holte sich bei den Anwesenden eine Kopfmassage ab.
Na ja. Zum Thema Filme & Dystopien: Ich sah neulich mal wieder „Staatsfeind Nummer Eins“ mit Will Smith. Von 1998. Was dort an Überwachungstechnik (sowohl Umfang als auch technische Lösungen) eingesetzt wird, wurde damals bestimmt als Dystopie verstanden. Heute – ist der Standard schon erheblich weiter und ich hatte beim Schauen fast ein „Ist ja niedlich“-Gefühl.
Ja, Technik wurde in Dystopien selten gut umgesetzt.