[Di, 10.12.2024 – poppige Mall, Hörkanal, Knochenschall]

Das verstopfte Ohr schränkt mich ein. Erst jetzt bemerke ich, wie sehr ich mich immer auf mein Gehör verlasse. Ich höre gut und ich höre alles. Sogar meine Hündin nehme ich mit den Ohren wahr, wenn ich unangeleint mit ihr spaziere. Ohne Ohren muss ich ständig nachsehen. Aber auch im Verkehr, auf dem Fahrrad oder auf den Beinen: Ich muss mehr schauen und ich kann Geräusche nicht orten, ich kann sie durch den Filter zwar hören, aber ich weiss nicht, woher sie kommen. Zudem ist mein Gleichgewicht beeinträchtigt.

Ich versuchte mich mit verschiedenen Hausmitteln. Kirschkernkissen und den Tipp mit dem Wasser. Siehe dazu die Kommentare der vergangenen Tage. Das Wasser sorgte kurzzeitig für Linderung. Nach wenigen Minuten verstopfte der Pfropfen aber wieder das Ohr. Ich glaube, es wächst wieder ein Schmalz-Baby heran.
Als ich im Januar wegen der Nasen-OP mehrmals bei meinem HNO-Arzt war, zog er mir einen beeindruckenden Butterwurm aus dem Hörkanal. Er legte es auf die Petrischale und fragte: „Wollen Sie ihm einen Namen geben, Herr Pfeifer?“. Ich antwortete: „Pfropfen Pfeifer“.

Morgen lasse ich wieder die Profis ran.

Am Abend sagte ich deswegen die Hörbuch-Premiere meiner Freundin ab. Es hatte keinen Sinn, mich unter Menschen zu begeben.

Nachmittags ging ich zu Thalia in die East-Side Mall, weil es das Weihnachtsgeschenk für meine Frau nicht mehr online gibt. Bei Amazon ist es frühestens im Januar zu bestellen, laut Thalia Webseite führen sie das Buch aber offenbar im Laden.
Ich mag diese kleine, poppige Mall sehr. Das Thalia ist eher klein, sie hatten das Buch nicht vorrätig, aber in der Filiale im Alexa läge noch ein Exemplar. Da Hunde im Alexa verboten sind, bat ich, das Buch zu reservieren. Die Konversation lief ziemlich schleppend, ich bat den jungen Angestellten, lauter zu reden, dabei hielt ich ihm mein linkes Ohr entgegen, auf dem ich zumindest Teile von Schallwellen aufnehmen kann. Aber wir bekamen es hin und morgen kann ich das Buch im Alexa holen.

Auf dem Rückweg auf der Warschauer Brücke traf ich eine Frau aus dem Hundepark, mit der ich mich sehr gut verstehe. Sie ist so gut wie taub und weil mich das Thema sehr interessiert, reden wir oft darüber. Sie trägt ein Implantat und kann daher ein bisschen hören. Man muss aber die Lippen deutlich bewegen und sie ansehen, wenn man mit ihr spricht. Artikuliertes Sprechen wäre auch vorteilhaft, was mir als Nuschler einiges an Anstrengung kostet. Es traf sich gut, dass wir uns gerade heute über den Weg liefen. In früheren Gesprächen hatte ich ihr von meinen Knochenschall Kopfhörern erzählt und ich fragte mich, ob das bei ihr einen Effekt haben würde. Sie schien sich auch zu interessieren, wobei man bei beiläufigen Kontakten nie weiss, ob hinter Interesse einfach nur Höflichkeit steckt. Weil ich gerade schlecht höre, trug ich tatsächlich die Knochenschallkopfhörer und liess sie gleich probieren. Sie setzte sie sich auf und ich schaffte es noch rechtzeitig „Manowar – Kings of Metal“ zu pausieren und etwas Cooleres auszuwählen. So spielte ich einen Song aus der Filmmusik von Christopher Nolans „Tenet“ und prompt wehte eine stürmische Böe aus Intellekt und Stil von der Brücke her durch mein Haupthaar.

Sie konnte mit ausgeschaltetem Implantat tatsächlich etwas hören. Es klang etwas dumpf bei ihr, aber die Musik übertrug sich tatsächlich über den Knochen zu ihrem Hörorgan.

Die Begeisterung war mittelmässig. Die Erkenntnis geringfügig grösser. Immerhin grösser als mittelmässig.

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