[Mi, 25.12.2024 – die letzten Tage, Reschen, Meran, Faust, Schnee, Singen]

Wenig Zeit gehabt, die Dinge aufzuschreiben.

Wir fuhren von Ulm nach Südtirol. Ursprünglich wollten wir über die Landstrasse via Davoz und Reschenpass, die Wetteraussichten lasen sich aber nicht sehr positiv. Vor allem hinterm Reschen war mit starkem Schneefall zu rechnen, also nahmen wir die Route über den noch freien Fernpass via Innsbruck und Brenner. Die langweilige Route.

In Meran kehrten wir zuerst bei meiner Schwester ein, die uns mit Prosecco und einer selbst gemachten Pizza empfing. Wir sassen lange zusammen und redeten von den Dingen. Unter anderem über das Gendern und über Sprache und wir kamen auch auf Faust zu sprechen. Wir stellten fest, dass niemand von uns je Faust gelesen hatte. Dass wir alle wussten, was Faust ist, aber so genau wussten wir es eben auch wieder nicht. So entstand der Plan, dass meine Schwester und ihr Mann in 2025 nach Berlin reisen werden und wir einer Aufführung von Faust beiwohnen werden. Dann können wir zu Weihnachten 2025 das Gespräch wieder aufnehmen. Diesmal werden wir aber wissen wovon wir sprechen.

Am nächsten Tag traf ich meine kleinere Schwester. Sie arbeitet im Krankenhaus und ich sollte sie um 14 Uhr abholen. Allerdings verlief ich mich im kleinen und unverlaufbaren Meran. Weswegen wir uns am Bahnhof trafen. Danach spazierten wir die Tappeinerpromenade hoch und tranken einen Punsch, von dem wir anschliessend betrunken wurden.

Am Tag darauf war Heiligabend. Zuerst ging ich mittags zu meiner Frau und meinen Schwiegereltern. Schweden zelebrieren den 24. bereits ganztägig und nicht nur am Abend. Es gab Weihnachtspasta und sie hatten mein Lieblingsbier aus Berlin eingekauft. Gegen 17 Uhr ging ich zu meiner Schwester, wo meine ganze Familie Weihnachten zelebriert. Also mit Kindern und Weihnachtsbaum. In meiner Familie werden immer Weihnachtslieder gesungen. Normalerweise singe ich das immer etwas uninspiriert und beschämt mit. Diesmal hatte ich aber richtig Lust und wollte nicht mehr aufhören. Dafür waren alle anderen etwas unmotiviert. Auch die anwesenden Teenager aber vor allem meine Eltern. Ich kann mich gar nicht erinnern, dass „Oh Du Fröliche“ diese schöne Moll-Passage enthält und in dieses hoch gesungene Finale übergeht. Toll.
Meine Neffen fanden mich bisher immer cool. Vermutlich hat mein Image diesmal etwas gelitten.

Geschenke erhielten nur die Kinder. Allerdings hatten wir auch eine Wichtelrunde organisiert. Ich hatte meinen Neffen Rupert als Los gezogen und meinte Mutter mich. Sie schenkte mir Clemens Meyers „Die Projektoren“. Den Tipp hatte sie natürlich von meiner Frau bekommen. Meinem Neffen kaufte ich ein Vespa Tshirt und eine Vespa Tasse in Retro Stil. Er hat sich nämlich gerade eine richtige Vespa aus alten einzelnen Teilen zusammengebaut. Er hat damit gerade den Tüv bestanden und sein life ist jetzt alles about Vespa.

Heute fuhren meine Frau und ich ins Dorf zu meinem Vater. Er lebt auf 1400 Metern, dort liegt Schnee und ich wollte mit meiner Hündin im Schnee zur Alm hochlaufen. Allerdings hat sie sich eine Verletzung an der linken Pfote zugezogen. Jetzt humpelt sie. Sie humpelte schon ein wenig am Morgen. Oben auf dem Berg liess ich sie einem Schneeball hinterher rennen. Seitdem ist etwas geschehen. Sie kann kaum noch laufen. Also brachen wir den Spaziergang ab. Mitten im Dorf wollten sie keinen Schritt mehr tun und legte sich auf den Rücken, während sie mir ihre linke Pfote hinhielt. Mein Herz zerrann. Also trug ich sie auf dem Arm. 15 Kilo kann man eine Weile lang tragen. Aber auch nicht ewig.

Auf dem Rückweg besuchten wir Tante Zita, deren Mann letzten Sommer verstorben ist und Onkel Luis sowie Onkel Konrad. Onkel Konrads Frau geht es nicht gut. Sie ist schwer dement und liegt eigentlich nur mehr auf dem Sofa. Ich begrüsse sie, sie tut, als würde sie mich kennen, sie ist freundlich, sagt aber, dass sie müde ist. Ich verabschiede mich und wünsche ihr Frohe Weihnachten. Es scheint sie zu freuen.

Überhaupt dieses Freuen. Irgendwann will man sich vermutlich nur noch ein bisschen freuen.

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Radicchio Trevisano. Sonst habe ich in all den Tagen keine gescheiten Fotos gemacht.

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