Seit zwei Tagen findet an der Karl-Marx-Allee der Karneval der Kulturen statt. Bisher wurde das ja immer in Kreuzberg gefeiert. Dieses Jahr schwappte das Festival zum ersten Mal auf unsere Seite der Spree herüber. Wenn er schon so nahe ist, sollten wir einmal vorbeischauen, fanden wir. Hier ein paar Strassen weiter hört man die herübergewehten Schallwellen von den Musikbühnen. Und das Strassenpublikum ist anders als üblich. Normalerweise laufen Sonntags hier nur die Partyleichen nach Hause oder die jungen Familien auf dem Weg zum Spielplatz. Beide Pfingsttage fühlten sich wie Feiertage an. Also Feiertage, wo man nicht nur arbeitsfrei feiert, sondern mit Musik auf den Putz haut. War schon irgendwie nett.
Was ich aber über den Karneval der Kulturen erzählen wollte: Wir gingen nicht hin. War auch eine blöde Idee zu denken, wir würden da hingehen.
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Weil ich neue Fotos für meinen CV brauche, suchte ich letzte Woche nach einem Fotografen. Die selbstgeschossenen Portraitfotos wirkten nie wirklich gut genug für einen CV. Im Netz fand ich einen Fotografen mit einem Atelier in der Nachbarschaft. Ich bin da nicht wählerisch, ein kurzer Weg ist das einzige Kriterium. So trug ich mich in seinen Online-Terminkalender ein. Ich wählte einfach den nächstmöglichen Termin. Das war Montag um zehn Uhr. Erst am Wochenende fiel mir auf, dass der Montag ein Pfingsmontag war. Da er den Termin jedoch sofort bestätigt hatte, ging ich heute trotzdem hin, ohne mich vorher noch einmal zu vergewissern. Zur Begrüssung sagte ich dem Fotografen: „Ich hoffe, es hat dich auch überrascht, dass heute Pfingstmontag ist.“ Er sagte: „Ja. Ist mir gestern auch aufgefallen.“
So mag ich die Welt.
Die Fotos sind wesentlich besser geworden als selbstgemachte Fotos. Auch wenn man mit der Kamera meines Telefons offenbar Kinofilme drehen kann und sie mehr aus einem Bild herausholt als sie überhaupt eingefangen hat. Man braucht aber immer noch ein Auge für Licht. Es gibt schon einen Grund, warum ein Fotograf Geld kostet. Dem Fotografen ging es ständig um die richtige Ausleuchtung meines Gesichtes. Der Termin lief in drei Etappen ab. Zuerst die Ausleuchtung, dann die Pose und am Ende das Shooting. Die Hälfte der Zeit ging es um die Ausleuchtung. Mit entsprechend gutem Ergebnis.
Aber mit meinem Telefon werde ich mal einen Kinofilm drehen.
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Also ich habe nichts gegen den Karneval der Kulturen. Wirklich nicht. Das klang vorhin vielleicht so. Ich bin nur kein grosser Fan von Menschenmassen. Es ist nicht so, dass ich Menschenmassen meide, aber sie lösen bei mir kein FOMO aus. Sogar bei Herthas Heimspielen ziehe ich ein schnödes Nachmittagsspiel gegen mittelmässige Gegner vor, statt den grossen, ausverkauften Spielen bei Flutlicht. Müsste ich mal nachdenken, warum das so ist. Warum wir trotzdem auf den Gedanken kamen, auf den Karneval der Kulturen zu gehen, weiss ich nicht. Vielleicht, weil man ihn zu uns in den Kiez getragen hat. Um Dankbarkeit zu zeigen. Sehet her, danke, dass ihr uns Aquädukte, den Wein und den Frieden gebracht habt.
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Ich plane übrigens eine kleine Webseite mit einem schnuckligen Onlineservice. Ich will noch nicht sagen, was die Seite genau macht, das werde ich später erklären, wenn es so weit ist. Da ich aber nur sehr schlecht programmieren kann, liess ich mir den Code durch ChatGPT ausspucken. Von Ex-Kollegen weiss ich, dass sie mittlerweile auch komplexen Code durch die KI schreiben lassen. Man muss der Maschine nur gute und unmissverständliche Anweisungen geben. So probierte ich mehrere Stunden daran herum.
Um es kurz zu machen: Der Onlineservice funktioniert noch nicht.
Aber es ist spannend. Und natürlich logisch, dass die KI auch Programmieraufgaben übernehmen wird. Eine Maschine spricht flüssiger Maschinensprache als ein Mensch.
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