Seit den beiden Wochen in Schweden schlafe ich ungemein gut und tief. Das zieht sich bis jetzt nach Berlin hinein. Ich würde so gerne die Schlafdaten auf meiner Smartwatch ansehen. Endlich ein fetter Tiefschlafwert. Denn so fühle ich mich nämlich. Wie ein fetter Kater, der in einem fetten Tiefschlaf schnurrte. Ich möchte wissen, wie gute Tiefschlafwerte in der App aussehen. Dummerweise finde ich die Ladematte für die Uhr nicht mehr, ich muss mich also auf mein Gefühl verlassen.
Gefühle.
Mit meinem Freund E von der Hundewiese gerate ich mittlerweile jeden Tag in eine hitzige Diskussion. Es geht immer um die Weltlage. Am Ende sind wir beide schlecht gelaunt und aufgewühlt. Und wir haben keine Lösungen. Und wir verabschieden uns jedes Mal mit dem Vorsatz, das nächste Mal über andere Themen zu reden. Ich weiss schon, warum ich selten über tagespolitische Themen schreibe. Ich habe keinen guten Tonfall bei dem Thema.
Immer diese Gefühle.
Die Freundin aus Belgien, die ich neulich nach vielen Jahren wiedertraf, hat jetzt Brustkrebs. Es wurde gleich mit Chemo begonnen. Wir schreiben uns seitdem oft hin und her. Diese Diagnose, die immer einem Todesurteil gleichkommt, on berechtigt oder nicht, es schlägt immer wie ein Todesurteil ein. Und plötzlich sind alle Rezeptoren auf das Sterben ausgerichtet. Vor einigen Tagen rasierte sie sich ihren Kopf, weil sie die Haare büschelweise verlor. Sie schickte mir ein Foto mit Glatze. Mir war gar nicht bewusst, dass sie eine so schöne Kopfform hat. Sie war immer Haare. Ihre Haare machten einen Grossteil ihrer Schönheit aus, ihrer Identität. Sie trug immer Kleider, nie eine Hose, immer Kleider und etwas altmodische Schuhe. Und dann die vielen, langen Haare. Das war immer unverkennbar sie. In einer ihrer ersten Nachrichten schrieb sie mit Entsetzen darüber, dass sie jetzt ihre Haare verlieren würde, diese vielen schönen Haare. Das war vermutlich noch der Schock, aber ich kann mir das gut vorstellen. Man darf nicht einmal in Würde sterben. Aber sie hat einen schönen Kopf. Das sagte ich so: Du hast ja einen richtig schönen Kopf! Ich weiss, das hilft nicht viel.
Du wirst ja nicht sterben.