Die KI meiner Wahl ist übrigens nicht Chat-Gepetto (wie wir Pinocchio-Kinder sagen), sondern Claude.ai. Zum einen, weil Claude in vielen Bereichen besser sein soll als das GPT von OpenAI, aber auch, weil Claude eine Ausgründung von OpenAI ist, mit der ehemalige Mitarbeiter ein Sprachmodell mit hohen ethischen und Sicherheitsstandards entwickeln wollten. Hohe ethische Standards will ich natürlich gerne unterstützen. Andererseits sieht man gegenwärtig (in den USA und anderswo), wie formbar ethische Standards sind. Ich weiß ja auch nicht. Aber so lange ich die Wahl habe, wähle ich aus.
Jetzt habe ich wirklich lange nichts mehr berichtet. Ich weiß gar nicht mehr, was am Freitag geschehen ist. Ich machte mir keine Notizen, vermutlich habe ich nur geschrieben und bin alle paar Stunden mit der Hündin spazierengegangen. Abends kam meine Frau nach Hause und wir gingen zum Nachbarn, der uns zu Pizza eingeladen hatte. Wenn ich ganz ehrlich bin: Ich könnte jeden Tag vom Nachbarn zu Pizza eingeladen werden. Irgendwann ähnele ich dann diesen runden Teigkugeln, bevor sie in Pizzaform gebracht werden. Ich werde mich kneten und mit Mozzarella belegen lassen.
Am Samstag gegen halb elf fuhr ich zum Olympiastadion. Es war ein sommerlicher Tag bei 29 Grad. Drüben in Block T.1, wo ich jetzt stehe, kam die Sonne glücklicherweise nicht hin. Meine Freunde, die in Q.3 stehen, wurden aber knusprig gebacken. Bei der Performance, die unsere Mannschaft derzeit liefert, ist es vielleicht nicht schlecht, ein wenig Sonne abzubekommen. Es steht uns ein langer und düsterer Winter bevor. Nach diesem sehr deprimierenden Spiel blieb ich noch eine Weile mit Freunden vorne am Rondell. Niemand wollte über Fußball reden. Auch JT aus Kanada war da, diesmal mit Bekannten aus Winnipeg. Ich entschuldigte mich bei den Gästen aus Winnipeg für die Leistung meiner Mannschaft. Die hatten aber einen guten Tag und fanden es nicht schlimm.
Nachher war ich auf einer Geburtstagsfeier in Neukölln eingeladen. Wegen des sommerlichen Wetters wurde die Feier auf das Tempelhofer Feld verlegt, wo wir uns ein schattiges Plätzchen aussuchten. Dort blieben wir, bis die Abendsonne den ganzen Himmel rot verfärbte. Als es dunkler wurde, verzogen wir uns in die Wohnung des Geburtstagskindes. Ich aß noch etwas vom Büfett und nahm mir gegen 22 Uhr ein Taxi.
Es war ein wirklich schöner Spätsommerabend. Es wird der letzte sein.
Heute packten wir für die Arktisreise zur Probe. Ich suchte Mützen und Handschuhe raus, sowie warme Thermo-Unterwäsche. Weil wir sehr minimalistisch verreisen und mehrere Flüge haben (ich werde noch berichten) und mehrere Klimazonen durchleben werden, ist das eine komplizierte Angelegenheit. Ich kann das jetzt aber nicht mehr schriftlich wiedergeben. Es ist auch nicht interessant.
In Vorbereitung auf Reykjavik lese ich gerade die gesammelten Erzählungen von Ásta Sigurðardóttir, die im Island der 50er Jahre mit jedem ihrer Texte einen Skandal auslöste. Es sind erstaunlich radikale Kurzgeschichten einer ungezügelten Frau in einer Welt, die damit nicht umzugehen wusste. Sie starb verarmt mit 41 Jahren und 5 Kindern an den Folgen von Alkohol. Diese 200 Seiten beinhalten ihr komplettes literarisches Werk. Mehr hat sie nicht geschrieben.
Zwar kaufte ich das Buch bereits vor zwei Monaten, aber ich fand, die bevorstehende Reise sei ein guter Moment, mit dieser Lektüre zu beginnen.
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