[Do, 20.11.2025 – Nass, Eis, Zaire]

Weil ich gestern, während des Schreibens des Blogeintrages merkte, dass nicht meine Wohnumstände mich vom Schreiben an dem großen Text abhielten, sondern jene bestimmte Textstelle mich blockierte, zwang ich mich heute einfach dazu, die besagte Passage auszuformulieren. Innerlich weiß ich jetzt auch genau, warum ich da nicht weiterkam, die Stelle tat ein wenig weh, ich wollte aber fast zwei Monate lang nicht hinsehen. Erstaunlicher Selbstbetrug. Jetzt bin ich einfach mit der Tastatur durch den Text gefahren, eiskalt und ohne Emotion, und habe die Stelle hinter mich gebracht. Tagespensum heute immerhin 3 Seiten.

Morgen fahre ich zurück nach Berlin. Es hat jetzt Minusgrade und mein Auto ist noch mit Sommerreifen ausgestattet. Den Termin zum Reifenwechsel habe ich erst am Nikolaustag. Ich werde morgen die Wetterbedingungen genau checken müssen. Neben Minusgraden soll es morgen ab dem frühen Abend auch etwas nass werden, und wenn es wirklich dazu kommt, muss ich eventuell auf die Bahn umsatteln. Wegen der Baustelle dauert die Bahnfahrt aber Ewigkeiten. Deswegen nehme ich zurzeit lieber das Auto. Sollte die Strecke für meine Reifen zu ungünstig sein, fahre ich vielleicht trotzdem mit dem Auto, aber einfach mit achtzig km/h. Ich habe ein gutes Hörbuch mit einer Gesamtdauer von 16 Stunden. Mir wird sicherlich nicht langweilig. Bei 16 Stunden Hörvergnügen kann ich sogar mit 50 oder 30 über die Autobahn schleichen, falls das Wetter wirklich widrig wird. Sollte das Hörbuch nicht reichen, habe ich auch noch Martin Suter oder eben „Heart of Darkness“. Apropos Kongo. Als ich neulich wieder über Heart of Darkness schrieb, fiel mir Freddy ein, der Ehemann einer Freundin in den Niederlanden. Freddy kam aus dem damals so genannten Zaire und sprach fließend Niederländisch. Zwar mit einem weichen Akzent, der dem Brabants oder dem Flämisch ähnelte, aber syntaktisch sprach er einwandfrei.

Das mit Freddy war eine komische Geschichte. Die beste Freundin meiner damaligen Freundin war schon über dreißig Jahre alt und hatte noch nie in ihrem Leben einen Freund gehabt. Sie gehörte einer dieser strengen apostolischen Freikirchen an, von denen es in den Niederlanden so viele gibt. Von außen sah diese Freundin ganz normal aus, wie eine moderne Niederländerin, aber die Gemeinde war ihr Ankerpunkt. Meine damalige streng atheistische Freundin war dennoch ihre beste Freundin aus Kindertagen und die Kirche hatte nie einen Keil zwischen die beiden bekommen. In ihrer Gemeinde begegnete diese beste Freundin eines Tages vier jungen Männern aus Zaire, die angaben, in Zaire dieser spezifischen apostolischen Kirche anzugehören. Einen von den vieren lächelte sie sich an, er hieß Freddy, sie wurde nach kurzer Zeit schwanger und ein paar Monate später standen sie glücklich lächelnd vor dem Traualtar. Das war notwendig, denn ohne Heirat wäre er abgeschoben worden. Wenige Tage nach der Hochzeit verschwand er für mehrere Tage mit seinen Kumpels. Als er zurückkam, sagte er, dass er dicke Frauen ziemlich eklig fände und sie abnehmen solle. Sie tat zuerst, wie er wünschte, schaffte es aber nicht, Gewicht zu verlieren. Dennoch blieb sie natürlich mit ihm zusammen, weil er sonst nach Zaire hätte ausreisen müssen und ihr Sohn ohne Vater aufwachsen würde.

Bald danach wurde Zaire in Kongo umbenannt. Und jetzt, wo ich Heart of Darkness gelesen habe, oder es zumindest versuchte, ziehe ich auf einmal die Parallele zwischen seinem einwandfreien Niederländisch und dem Kongo, der zur Zeit von Heart of Darkness ja eine belgische Kolonie war, und damit Niederländisch auch eine der Amtssprachen war. Ich weiß nicht, warum ich diese Verbindung nie legte.

Die Geschichte mit Freddy ging nicht gut aus, ich weiß aber nur, dass er nicht mehr eine Rolle im Leben dieser Freundin spielt. Wie das aber genau ausging, weiß ich nicht. Ich würde jetzt gerne meine Ex-Freundin fragen, sie und ihre beste Freundin reden aber seit Jahren nicht mehr miteinander. Sie weiß nicht genau, warum. Sie vermutet, es habe etwas mit der Kirche zu tun. Der Abbruch der Freundschaft ging von ihrer Freundin aus. Die Freundin hat sie zuerst einfach geghostet und das Ghosten ging so lange, dass jetzt auch die Freundschaft einfach mal vorbei ist.

So ist das manchmal.

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