[Do, 25.12.2025 – Weihnachtstage, Winterland, die Ideologen im Weißen Haus, Hirtenmaccheroni]

Heiligabend war nett. Meine Familie feierte bei meiner größeren Schwester und ihrer Familie. Es gab Steaks, wovon ich drei Stück aß, und danach noch eine große Portion Tiramisu. Statt einer großen Bescherungsrunde, wichtelten wir nur, das ist unter Erwachsenen wesentlich freundlicher und weniger hysterisch. Ich war das Wichtelkind (nennt man das so auf Hochdeutsch?) von meinem Schwager, der mir zwei Fünfkilohanteln schenkte. Ein sehr passendes Geschenk, weil mir die 7,5 Kilos, die ich jetzt habe, für manche Übungen zu schwer sind. Aber das wusste er nicht. Eigentlich konnte das niemand wissen, weil ich mit niemandem je darüber gesprochen habe. Es wunderte mich ein wenig, aber ich fragte nicht nach.

Da mein Vater in Meran geblieben ist, verabredeten wir uns für den Folgetag. Ich sollte um 11 Uhr in der Stadt sein. Er schlug vor, dass ich das Auto mitnähme, dann können wir einen Ausflug machen. Das ist auch für die Hündin die nettere Alternative. Als ich um 11 Uhr am Theaterplatz wartete, kamen er und meine kleine Schwester. Niemand von uns hatte einen Plan, wo wir hinfahren könnten. Dann fiel mir Pfelders ein, das ist ein kleines Dorf am Ende eines abgelegenen Tales, am Fuße der Texel-Gletscher. Dort wollte ich schon oft hin, weil sich der Ort als Ausgangspunkt für Wanderungen zur spektakulären Stettiner Hütte empfiehlt.

Pfelders liegt noch ein ganzes Stück unter der Baumgrenze auf 1600m aber wir fanden uns ganz überraschend in einem richtigen Winterland wieder. Während es sich nur 200m weiter unten im Talk lediglich wie ein Tag im Spätherbst anfühlte. Oben in Pfelders lag eine dicke Schneeschicht und es herrschte reger Wintertourismus.

Der Ort rühmt sich, autofrei zu sein. Davon ist aber nicht viel zu spüren. Mittlerweile wurden dort dermaßen viele Hotels gebaut, die es ihren Gästen natürlich erlauben, mit ihren Wagen bis zu den hauseigenen Parkplätzen an der Haustür zu fahren. Pfelders war noch vor 20 Jahren ein ziemlich verschlafenes und ärmliches Bergbauernnest. Davon zeugen heute nur noch die Häuser im Ortskern. Alles andere hat sich dem Tourismus unterworfen. Wie ganz Südtirol eigentlich. Aber über Pfelders las man noch vor wenigen Jahren positivere Geschichten. Es hätte sich vielleicht auch anders entwickeln können.

Nun.

Mir ist es egal. Ich rege mich darüber schon lange nicht mehr auf. Wir haben gerade andere Probleme. Zum Beispiel, dass die US Regierung Sanktionen gegen die Geschäftsführerinnen der HateAID verhängt hat. Weil sie wegen der beiden Frauen die Redefreiheit in Gefahr sehen. Genau. Weil sich Menschen gegen Hassrede einsetzen, ist die Redefreiheit in Gefahr. Dass das Unsinn ist, wissen sie im Weißen Haus natürlich, aber die Art, wie die US-Regierung ihre rechte, ideologische Agenda durchzieht und sich über uns Europäer lustig macht, sollte uns alle in Panik versetzen. Dummerweise schauen wir einfach nur zu. Dummerweise fällt uns nichts anderes ein, als uns zu empören oder, schlimmer noch: Haltung zu zeigen.

Wir haben keine Mittel. Von jedem Meme auf Social Media, das aufruft, Haltung zu zeigen, bekomme ich mittlerweile Hautausschlag. Wir müssten uns eigentlich alle von den amerikanischen Social-Media-Plattformen abmelden, das sind keine neutralen Plattformen mehr, es sind Propagandamaschinen geworden. Wir ahnen es alle, wir wollen es aber nicht glauben. Ich lese zunehmend von Künstlerinnen und Journalistinnen, dass sie keine Reichweite mehr haben, dass die Klicks und Likes zurückgehen, und gleichzeitig liest man, wie stark die AfD überall auf Social Media ankommt. Dabei habe ich noch nie ein positives AfD Reel in meiner Timeline gesehen. Noch nie! Die Techfirmen halten mich in meiner Blase fest.

Ich bin mir sicher, dass es in einigen Jahren leaken wird, wie der Algorithmus für die ideologische Agenda im Weißen Haus manipuliert wurde. Ich meine: Wir reden hier von Musk und Zuckerberg, die faktisch den Algorithmus kontrollieren, der einem Großteil der Gesellschaft zur Meinungsbildung dient. Es gibt schon einen Grund, warum sich Musk den Kauf von Twitter 44 Milliarden kosten ließ, und ich möchte Zuckerbergs Video vom 7.1., also dem Tag nach Trumps Inauguration, noch einmal zusammenfassen. Er sagte faktisch:

  • „We’re in a new era now“
  • Europa schränkt die Redefreiheit an

Ich komme mir schon vor wie ein Verschwörungstheoretiker, wenn ich so rede.

Am Abend wollten mein Neffe und ich Sushi essen gehen. Er hatte sich bei den Großeltern aber dermaßen den Bauch vollgeschlagen, dass er bat, den Termin zu verschieben. Wahrscheinlich kommt er im Februar nach Berlin. Wir werden dort sicherlich eine Gelegenheit dazu finden. Mittlerweile hatte ich mich auch schon bei meiner Mutter etwas breitgemacht und war gar nicht unglücklich darüber, nicht mehr in die Stadt gehen zu müssen. Also machten wir uns ein paar Tortellini und ein bisschen Gemüse.

Habe ich schon die Hirtenmaccheroni erwähnt, die ich in Pfelders aß? Nein, erwähnte ich noch nicht. Hirtenmacceroni auf einem Berg sind die beste Sache der Welt.

So. Ich gehe jetzt ins Bett.

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