Gestern musste ich an die Sonnenfinsternis im August 1999 denken. Ich arbeitete damals in einem Recyclingladen auf einem Gewerbegebiet südlich von Utrecht. Das war ein gemeinnütziges Projekt in dem wir alte Sachen wieder in Schuss brachten und verkauften. Ich stand meist vorne im Laden. Als die Sonnenfinsternis über Mitteleuropa anstand, waren viele Bekannte und auch Kollegen in den Süden gereist, nach Frankreich, Belgien, Deutschland, dort wo der Kern der Finsternis hinwegziehen würde. Wir Übriggebliebenen waren nur Halbbegeisterte, so halbbegeistert wie halt alle, die nicht den Aufwand betrieben, extra deswegen zu verreisen. Als der Tag der Finsternis dann kam, waren wir natürlich trotzdem alle aufgeregt, den ganzen Vormittag lang gingen wir ständig hinaus auf den Parkplatz und hielten CD’s in den Himmel und konnten das angenagte Stück in der Sonne stetig wachsen sehen. Die dunkelste Phase sollte irgendwann gegen Mittag eintreten, ich weiß heute nicht mehr welche Uhrzeit das genau war, damals kannten wir sie auf die Minute genau, es stand ja überall in den Zeitungen und je näher man dieser Uhrzeit kam, desto seltsamer wurde das Tageslicht. Zehn Minuten vor diesem Zeitpunkt kamen immer noch Kunden in den Laden. Drei oder vier Frauen mittleren Alters. Das hatte mich damals sehr gewundert. Gab es nichts besseres als während einer Sonnenfinsternis in unseren ollen Recyclingladen zu kommen? Ich meine, jeder wusste, wann es passieren würde, dieser allgemeinen Aufgeregtheit konnte man sich nicht entziehen. Aber als dann tatsächlich dieser dunkelste Punkt eintrat, bemerkte ich, dass diese Kundinnen nicht an unserer Aufgeregtheit teilnahmen. Während wir verstrahlt und dödelig CD’s in den Himmel streckten, stöberten sie konzentriert zwischen den Kleiderständern, hielten sich Kleider vor den Spiegel, prüften kritisch den Stoff. Sie kannten einander offensichtlich nicht. Sie schienen sich auch nicht zu beachten.
Zehn Minuten später verließen sie mehr oder weniger gleichzeitig den Laden ohne etwas gekauft zu haben.
Ich erzähle diese Geschichte nur, weil ich während des gestrigen Finalabends durch das Fernsehprogramm zappte und versuchte so etwas wie ein Muster zu finden. Ein Muster der Sendungen für Menschen, die sich dem Fußball völlig entziehen. Darüber muss man sich in den Fernsehanstalten schliesslich Gedanken machen. Was zeigt man im Fernsehen, wenn die eine Hälfte des Landes ein Fussballspiel guckt. Dann sind mir die Kundinnen von damals wieder eingefallen. Es hat nichts mit dem Fußball zu tun, auch nicht mit einem Muster. Hat mir keine Ruhe gelassen, das. Damals nicht und gestern wieder.
Wir haben „Stargate“ geguckt. Also gestern. Irgendeine alberne Episode aus der sehr albernen ersten Staffel mit dem ausdrucksresistenten Richard Dean Anderson (wir gucken das, weil wir alle anderen Science-Fiction-Serien durch haben).
ich habe etwas über krokodile gelesen. salzwasserkrokodile, mannohmann.
Ich lag im Bett und habe gelesen. Das Spiel war noch nicht zu Ende, da machte ich das Licht und schlief ein. Die Silvester Raketen weckten mich und so wusste ich auch ohne Gucken, das Deutschland gewonnen hatte.
Und ich dachte, mein Gedächtnis sei schlechter geworden, aber 12.37 Uhr war noch abrufbar.
Waren die drei Damen vielleicht Diebinnen, die die Gunst der Stunde nutzten?
Ach, es war mein Geburtstag und wir saßen uf der Terrasse zuhause bei meinen Eltern. Über dem stillen tiefen Tal fingen die Vögel an, laut und verzweifelt vielleicht, zu singen, bis sie plötzlich still waren. Die Kühe standen wie gefrorene Schatten im Dämmerlicht. Zuerst kam Wind auf, der aber mit Dunkelheit verschwand. Nichts bewegte sich, die Zeit stand still. Bis plötzlich ein Wind aufkam, es heller wurde und die Vögel wieder, sie schienen erleichtert, lospiepsten.
Das ist schön, was Sie geschrieben haben, dass Ihnen das keine Ruhe gelassen hat.
Je enger bewohnt ein Fleck ist, desto mehr Raum greift sich eine solche Aufmerksamkeitswelle. Denk ich. Die Hasen lachen über so was. Mit den Hasen lachen kann auch schön sein.