[Donnerstag, 17.6.2021 – Rigaer, Gleis3eckpark, Hitze]

Zwei Strassen weiter in der Rigaer brannte es gestern und auch heute brannte wieder. Wegen einer geplanten Brandschutzbegehung. Auch wenn ich früher selbst an den brennenden Barrikaden stand, sehe ich mittlerweile nur die Revolutionsfolklore. Nein, es ist nicht cool, Polizistinnen zu verletzen, nein es ist nicht cool, dein Lebensmodell einem ganzen Kiez aufzudrücken, und du kannst dich nicht militärisch gegen eine Staatsmacht hochrüsten. Erst recht nicht, wenn du das sogenannte „Volk“ nicht hinter dir stehen hast. Und militärisch hochrüsten sollte nie das Ziel sein, wenn du eigentlich pazifistische Ziele vefolgst. Tust du es trotzdem ist es Revolutionsfolklore. Und es dient auch nicht der Diskussion über das Wohnungsproblem. Auch wenn es charmant ist für 200€ pro Jahr ein Haus zu bewohnen, dient das halt auch nicht als Modell für das Wohnungsproblem einer ganzen Stadt.
Es verzerrt den politischen Diskurs und es spielt den Rechten in die Hände.

Auch wenn ich es nach wie vor richtig finde, leerstehende Häuser zu besetzen. Aber das ist eine andere Diskussion.

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Am Abend treffe ich mich mit einer früheren Kollegin. Wir setzen uns in den Südostteil des Parks am Gleisdreieck. Diesen älteren und größeren Teil des Parkes kenne ich gar nicht, ich kenne nur den anderen Teil mit der Brauerei.
Wir haben uns schon länger nicht mehr gesehen und haben viele Dinge nachzuholen, aber nach unserem Treffen bin ich von allen möglichen Themen angefixt, u.a. berichtete sie mir von ihrem Urlaub im letzten Sommer, an dem sie ein Hausboot gemietet hatte und darauf mit ihrem Freund eine Woche lang über die Havel geschippert ist. Ein Hausboot, also ein kleines Wohnzimmer, zwei Schlafzimmer und ein Balkon auf einem fahrbaren Unterbau. Die Fotos die sie zeigte, wie sie für die Nacht einfach mitten in irgendeinem See den Anker ausgeworfen hatten und die Sonne am Horizont absank, die Ruhe des Wassers. Boah.

Die Hitze ist im Schatten einigermaßen erträglich. Ich vermute, es hängt auch damit zusammen, dass ich ab 14 Uhr nichts mehr esse und vor allem, weil ich keinen Alkohol trinke. Essen und Alkohol heizen mich ja immer auf. Morgen sind wir zum Essen und zum Trinken verabredet. Auch wenn ich mich schon lange auf diese Verabredung freue, fürchte ich mich jetzt ein wenig. Weil ich ahne, dass die Nacht danach bei diesen Temperaturen qualvoll wird. Andererseits wiege ich jetzt auch so wenig wie seit 15 Jahren nicht mehr. Und das kennt man ja so, von den Gesprächen an der Kaffeemaschine, dass dicke Menschen die Hitze schlechter vertragen. Das ist bestimmt wahr.

In einem Meeting am Vormittag fragte ich meine Kollegin aus Indien, wie ihr der Sommer bisher gefällt. Wir reden oft über die klimatischen Bedingungen in Berlin. Sie lebt zum ersten Mal ausserhalb Indiens und Jahreszeiten findet sie sehr exotisch. Es ist ihr erster Sommer in Berlin. Am Sommer überrascht sie vor allem die langen Abende und dass es bereits ab 4 Uhr morgens hell wird. In Indien geht die Sonne immer zwischen 5 und 6 Uhr unter. Sommer wie Winter.

Sie sagt aber auch, dass sie die Sonne hier als unangenehm empfindet. Sie sagt, die Sonne brenne hier auf der Haut, sie fühlt sich ein bisschen wie ein Hühnchen im Ofen. In Indien sei das nicht der Fall, weil sie dort aufgrund der Luftfeuchtigkeit immer schwitze, und es käme ihr vor, als würde sie das vor der brennenden Sonne schützen. Darüber muss ich mal nachdenken. Ich hatte oft das Gefühl, dass die Menschen sich in Berlin vor allem dann beschweren, wenn die Sommer feucht und drückend werden. Dass eine erfahrene Sonnenhitzekennerin wie sie jetzt so eine mir neue und gegenteilige Beobachtung macht, finde ich spannend. Das muss ich mal beobachten.

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Hölzernes deutsch heute.

3 Kommentare

  1. Falls Sie irgendwann noch mehr über Urlaub mit dem Hausboot wissen möchten, lohnt es sich, mal auf dieser privaten, nicht-kommerziellen Website zu schauen: Hausboot Smalltalk. Dort findet sich auch ein Spickzettel mit den wichtigsten Schifffahrtszeichen und andere nützliche Infos.

    • Gefährliches Terräng. Wenn ich da zu viel rumklicke, lande ich bald beim Bootsführerschein. Allerdings: warum nicht. Danke 😉

      • Für Hausboote gibt es die Charterscheinregel – in bestimmten Gewässern darf man sie ohne Bootsführerschein fahren, man braucht nur eine Einweisung („Charterschein“). Die meisten dieser Gewässer sind in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, allerdings dürfen Sie nicht mit einem Hausboot auf der Spree durch Berlin schippern, dafür braucht es einen Bootsführerschein.

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