ir fuhren heute früh zum letzten Mal ins Dorf, um die Vorräte für die verbleibenden zwei Tage aufzufüllen. Am Samstag fahren wir wieder zurück. Wir werden die Reise wieder in zwei Abschnitte aufteilen, da wir das Haus wieder runterfahren. Zwar werden wir es nicht mehr winterfest machen, da in den nächsten ein bis zwei Monaten aber niemand hier wohnen wird, muss es dennoch etwas eingemümmelt werden.
Im Systembolaget des Dorfes schaue ich mich nach ein paar Bieren um. Von Stigbergets und Opigards habe ich alle durchprobiert. Opigards hat für die Saison ein phantastisches Frühlings-Ale gebraut. Zwischen den ganzen Neuerscheinungen sehe ich auch eine Flasche der Berliner BRLO. Ich finde das erstaunlich, wie sie es schaffen, sich mit mediokrem Bier auf dem internationalen Markt zu platzieren. Stünde auf deren Flaschen nicht „From Berlin with Love“ würde sich wahrscheinlich niemand dafür interessieren.
Um auch den Holzvorrat aufzustocken, verarbeite ich einen kleinen Baum zu Kleinholz. Es gibt in unmittlebarer Nähe drei umgefallene Bäume. Einer hängt mir zu gefährlich über den Wegesrand, ein anderer hat sich ungünstig im Wald zwischen den Jungbäumen verkeilt, aber ein Dritter Baum ist unkompliziert auf die Wiese gestürzt. Ich ziehe diesen hoch bis zur Scheune, wo ich ihn mit der elektrischen Motorsäge zerkleinern kann.
Um die anderen beiden Bäume wird sich der Pächter Lasse kümmern. Er wird sie mit seinem Pickup zur Scheune bringen. Ab da werde ich sie im Sommer zu Kleinholz verarbeiten. Was Büroarbeiter wie ich im Urlaub halt so machen.
Ich frage mich, wie unsere Hündin sich wieder an die Stadt gewöhnen wird. Sie hat hier einen größeren und vermutlich spannenderen Bewegungsradius. Allerdings bleibt sie immer in unserer Umgebung. Wenn wir vor dem Haus sitzen ist sie zwar beschäftigt, aber sie entfernt sich nie von uns. Es gibt so etwas wie eine unsichtbare Grenze. Sie geht nicht alleine zum FLuss hinunter und sie geht nicht alleine in den Wald. Ich hatte ein wenig Angst, wie sie sich hier verhalten würde. Die Geschichte von Alex und seinem Hund, bei dem der Jagdtrieb erweckt wurde und sich damit der Alltag mit dem Hund verändert hat, beunruhigte mich doch ein wenig. Andererseits können wir sie hier nicht ständig angeleint lassen. Die Hunde der Schwiegereltern liefen hier auch jahrzehntelang immer ungleint ums Haus herum. Bei den Spaziergängen nahm man sie jedoch immer an der Leine. So wollten wir es mit ihr auch handhaben. Bisher geht es gut. Sie schnüffelt den ganzen Tag den Boden ab oder starrt den Gänsen und Rabenvögeln hinterher. Ich habe vor dem Haus schon mehrmals Rehe und Hasen gesehen. Vor allem morgens, wenn man aus dem Haus kommt, sieht man Tiere auf der Wiese weglaufen. Die Hündin kriegt das aber alles nicht mit. Sie schnüffelt nur den Boden ab.
Dafür hat sie heute bei der großen Waldrunde ein Froschkadaver gefunden. Hunde und Kadaver, eine gewöhnungsbdürftige Liebe.
Etwa drei Kilometer entfernt wird Wald gerodet. Das ist in Schweden ja nicht unüblich, schliesslich gibt es hier unfassbar viel Wald und es folgt alles einem nachhaltigen Konzept, was bedeutet, dass nach der Rodung wieder systematisch aufgeforstet wird. Der Lärm der Rodung ist allerdings beeindruckend und schallt kilometerweit. Es klingt erschreckend aggressiv, als würde jemand Wald rausreissen. Ich dachte immer, da würden junge Burschen mit Bärten und Holzfällerhemden mit Motorsägen hantieren. Aber die sitzen jetzt wohl alle in Berlin und trinken handwerklich gebrautes Bier.
Ah, noch eine Sache über unser Haustier: sie entwickelt hier einen Beschützerinstinkt. Sie steht vor dem Haus und knurrt oder bellt, weil sie glaubt etwas gesehen zu haben. Das kannte ich von ihr bisher nicht. Ob das gut ist, vermag ich noch nicht zu sagen. Generell finde ich bellende Hunde nervig. Ich glaube aber, das ist einfach in diesen Tieren drin, wie bei uns Menschen das Handygucken.
Heute bellte sie unter anderem meine Hose an. Ich hatte die Hose zum Trocknen auf die Wäshceleine neben der Scheune aufgehängt. Eine Stunde später sah auch die Hündin die Hose aus der Ferne und fing an, sie anzubellen.