Neuerdings treffe ich immer diesen jungen Mann mit Hund im Park. Er redet immer über seine Gefühle. Er redet mit allen Menschen über seinen Gefühlszustand über seine Beziehung zu seinem problematischen Hund. Wir Hundebesitzerinnen stehen ja oft zusammen im Park herum. Manchmal redet man, manchmal steht man einfach herum und schaut den Tieren beim Spielen zu.
Den Mann, der über seine Gefühle redet, treffe ich fast jeden Tag. Er hat eine rumänische Strassenhündin adoptiert. Seine Hündin hat Schwierigkeiten mit anderen Hunden. Sie bellt und schnappt, wenn ihr nicht danach ist. Zu Menschen ist sie entspannt.
Neuerdings ist sie aggressiver. Er muss sie an der Leine führen. Auch im Park. Er erklärt mir, dass es ihm zur Zeit nicht gut geht und die Hündin das merkt. Er ist unglücklich verliebt bzw wurde verstossen und auf der Arbeit wird er von seinen Kollegen nicht akzeptiert. Zum Teil liegt die fehlende Akzeptanz natürlich an den anderen, aber ein Grossteil des Problemes liege schon bei ihm selber.
Je schlechter es ihm geht, desto protektiver verhält sich seine Hündin. Letzte Woche wurde er von einem Mann auf der Strasse gewaltsam angegriffen. Er wurde ins Gesicht geschlagen und fiel dabei auf den Boden. Daraufhin konnte er tagelang kaum noch mit der Hündin auf die Strasse gehen.
Gestern und auch heute traf ich ihn wieder im Park. Gestern erzählte er mir von dem Vorfall. Auch heute wieder. Und er erzählt es allen Leuten, mit denen wir im Park so zusammenstehen. Er erzählt auch immer allen, dass es ihm gerade beruflich nicht so gut geht. Auch, dass seine Kollegen ihn nicht akzeptieren. Und dass er unglücklich verliebt ist, bzw verstossen wurde.
Ich merke, dass ich ihn mittlerweile ein bisschen meide. Anfangs fand ich es ja gut, dass er immer so offen mit seiner Person umging. Und Männer, die über Gefühle reden, soll man ja unterstützen, oder? Mittlerweile habe ich aber das Gefühl, dass er einfach sein Ding loswerden will. Immer wieder und wieder. Da ich keine Handhabe dafür gefunden habe, weiche ich ihm aus. Wenn ich ihn jetzt noch oft treffe, werde ich irgendwie agieren müssen.
Ich glaube, der wird einfach so lange versuchen, seine Geschichte raushauen, bis er jemanden findet, der dazu eine Antwort hat, die ihm hilft.
Manchmal sage ich gerne Eltern, die sich mit irgend etwas stressen, dass es mir oft genau so geht. Das hilft!
Im Fall des Mannes wohl eher nicht. Also dass es mir vielen Leuten Gemeinsamkeiten gibt.
Aber vielleicht die Hundeschule empfehlen. Das ist dann vielleicht so wie Therapie. Vielleicht funktioniert die Gefühlsübertragung ja auch andersherum, und wenn’s denn Hund besser geht dann auch dem Herrn.
Hab Mal von einem Pfarrer gelesen der einen Arzt gefragt hat, wir er eigentlich erkennen soll, wann er Leute, die mit Problemen kommen, zum Therapeuten schicken muss, und der Arzt meinte so: „wenn sie sich langweilen“. Finde dass das ein gutes Kriterium ist.
Er hat sich bereits eine Hundepsychologin zu Hilfe genommen. Immerhin das.