[Samstag, 12.11.2022 – Strafzettel, Stadion]

Heute lag ein Brief aus den Niederlanden in meinem analogen Postfach. Absender: Centraal Justitieel Incassobureau. Kein guter Absender. Offenbar war ich vor zwei Wochen auf dem Amsterdamer Ring 5Km/h zu schnell unterwegs und muss jetzt 31 Euro bezahlen.

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Um 13Uhr fuhr ich zum Stadion. Am Alex war ich mit Tanja und ihrem Sohn verabredet, am Rondell vorm Stadiongelände trafen wir alle anderen. Benny hatte heute Bannerdienst und war deshalb bereits um 1330 ins Stadion hinein bzw auf das Stadiongelände und wenn man einmal auf dem Stadiongelände ist, dann kann man nicht mehr heraus und dann nochmal hinein.
Draussen an den Buden vor dem Gelände ist das Bier billiger, als auf dem Gelände selbst, deswegen trifft man sich vor dem Spiel an den Buden und aus diesem Grund ist der Bannerdienst nicht besonders beliebt. Bisher hing immer die stellvertretende Vorsitzende des Fanclubs die Banner, sie möchte aber auch manchmal mit allen anderen am Rondell stehen und günstigeres Bier trinken, also soll der Dienst jetzt an jedem Spieltag rotiert werden. Bannerdienst heisst Banner aufhängen. Unser Fanclub hängt das Fanclubbanner und das Banner der Initiative Blauweisses Stadion.

Heute standen nicht viele meiner engeren Fanclubfreunde am Rondell, also gingen wir bald hinein. Dennoch traf ich auf den Weg einen Freund aus Brandenburg, der mit seinem Sohn im Stadion war. Er selber ist Dortmund-Fan, sein Sohn ist Bayern-Fan. Aber der Sohn will oft mit seinen Papa ins Stadion, der wird bald Hertha-Fan, das sehe ich schon kommen.

Auf dem Gelände trödelte ich, zuerst traf ich einige Freunde und Bekannte beim Bus der Fanbetreuung, dann wollte noch ein Bier holen, stand aber lange in der falschen Schlange, so betrat ich erst um zehn nach drei die Kurve. In dem Bereich, in dem “wir” uns immer aufhalten war es schon ein ziemlich voll, aber ich konnte mich noch dazwischenquetschen.

Heute hingen kleine “Boycott Qatar” Banner über den Sesseln. Die würden wir während des Einlaufens und dem Singen der Hymne in die Luft halten.

Das Spiel gewannen wir dann mit einem ziemlich guten und spannenden 2:0. Das zweite Tor konnte ich nicht sehen, es wurde kurz nach Wiederanpfiff geschossen. Ich hatte mich mit einem ex-Kollegen getroffen, wir wollten uns Bier holen. Die Schlange war aber wieder so lang, dass wir den Wiederanpfiff verpassten. Wie so oft. Aber wenn man das Stadion akustisch explodieren hört, das ist schon beeindruckend.

Nach dem Spiel kam die Mannschaft wieder in die Kurve und liess sich feiern. Wie in jedem Spiel dieser Saison. Jetzt feiert man sogar bei Niederlagen gemeinsam. Die Stimmung ist wie ausgewechselt. Vor einem halben Jahr war das noch ganz anders.

Der Heimweg war wieder furchtbar. Ich wollte früher nach Hause. Zuerst fuhr die Bahn nicht los, danach zog jemand auf offener Strecke die Notbremse. Meine Bahn fuhr nur bis Charlottenburg, ich hätte umsteigen müssen, aber ich konnte nicht mehr stehen, ich war seit 13 Uhr auf den Beinen, also ging ich raus auf die Strasse und nahm ein Taxi. Im Taxi telefonierte ich mit einem ehemaligen Mitarbeiter. Er hatte mich um ein Gespräch gebeten. Er fühlt sich auf seiner Arbeit von den neuen Chefs degradiert und gemobbt und kann seit zwei Wochen deswegen kaum noch schlafen. Ich lasse mir alles erklären. Ich kenne seine neuen Chefs. Was er mir erzählt, wundert mich nicht. Ich rate ihm dazu, das Gespräch mit einer ganz bestimmten Person in der Firma zu suchen, auch besprechen wir ein paar Exit-Strategien. Nach einer halben Stunde sagt er, das Gespräch hätte ihm sehr gut getan und er sähe jetzt wieder etwas vom Horizont. Mich freut das. Ich mag ihn sehr.

Gegen acht war ich dann zuhause. Ungewöhnlich müde diesmal.