[Sa, 22.4.2023 – Banner, Niederlage, Heimfahrt]

Am frühen Nachmittag fuhr ich ins Olympiastadion. Nach der Niederlage vom letzten Wochenende, wird das heutige Spiel fast schon so etwas wie eine Vorentscheidung sein. Heute war niemand am sogenannten Rondell, wo sich meine Freunde üblicherweise zum Aufwärmen treffen. Einige sind schon früher ins Stadion hinein, weil das neue Banner des queeren Fanclubs Hertha Junxx zum ersten Mal in unserem Bereich des Stadions gehangen werden sollte. Was mit dem Banner der Hertha Junxx geschehen ist, hatte ich gar nicht erzählt. Das Banner wurde im Februar gestohlen. Offenbar waren eine handvoll Muskelnudeln nach dem Spiel in den entsprechenden Block gegangen und hatte es dem Mädchen, das sich an dem Tag um das Banner kümmern wollte, entrissen. Das Mädchen war noch wochenlang von dem Überfall traumatisiert.

Nach Unterredung mit den Ultras, dem Verein und Vertretern der Kurve, versuchte man die Täter ausfindig zu machen. Die Ultras hatten eine vage Ahnung, wer es hätte sein können und sie waren ernsthaft bemüht, das Banner zurückzukriegen, aber letztendlich kam man in der Sache nicht weiter.
Deshalb wurde ein neues Banner gedruckt. Das neue Banner ist jetzt wesentlich grösser und wir beschlossen, es in unsere Obhut zu nehmen, weil wir ein wesentlich grösserer Fanclub sind, mit wesentlich grösseren Männern.

Ich kam heute aber erst später. Wegen der Wichtigkeit des heutigen Spieles gab es einen Fanmarsch vom Theo zum Stadion. Viele waren deshalb schon auf dem Gelände. Ich ging also hinein. Vor dem Stadion versperrten die Ultras alle Zugänge in die Kurve. Sie wollten die Mannschaft mit Abwesenheit strafen. Üblicherweise werden die Spieler vor dem Spiel beim Aufwärmen gefeiert, heute sollte das Aufwärmprogramm der Mannschaft jedoch vor einer leeren Kurve stattfinden. Ob das sinnvoll ist, bezweifle ich, ich denke, das macht die Mannschaft nur nervöser.
Um 15:15 wurden die Eingänge dann freigegeben.

Zur Halbzeit lagen wir bereits 0:2 hinten. Die Mannschaft spielte erstaunlich schwach. Ich ging in der Pause aus der Kurve raus. Die Sonne hatte eine Stunde lang auf mich heruntergebrannt. Ich hatte wenig getrunken, ich hatte schlechte Laune, ich musste einfach in den Schatten. Ein Freund mit seinem Sohn schrieb mich an, ob wir uns auf ein Bierchen treffen wollten. Für ein Bierchen reichte die Zeit zwar nicht, aber wir quatschten eine ganze Zeit lang. In der Zwischenzeit wurde das Spiel wieder angepfiffen und schon hörten von draussen das 0:3. Ich ging dann wieder ins Stadion hinein, blieb aber oben im Durchlauf stehen, ich wollte sehen, ob die Mannschaft sich nach Wiederanpfiff irgendwie anders verhielt, irgendwie so, dass es sich auszahlen würde, nochmal in den Block hinunter zu gehen.
Hinter mir kam ein Freund und sagte: „Na freust du dich auch schon auf die zweite Liga?“. Das war gar nicht sarkastisch gemeint, eher resigniert. Ich sagte, ich überlege nach Hause zu gehen, das zieht mich so runter, ich wollte nur noch schauen, ob sich vielleicht etwas geändert hat. Und dann fiel das 0:4. Daraufhin verschabschiedeten wir uns.

Immerhin würden die Bahnen noch nicht so voll sein. Auch wenn viele andere bereits aus dem Stadion zur Sbahn strömten. Als ich in der Bahn stand hörte ich aus der Entfernung einen Jubel, der sich nach einem Heimtor anhörte. Dann kam die Durchsage, dass sich die Bahn auf unbestimmte Zeit verzögern würde. Das reichte mir. Ich schaute auf meinem Telefon nach, ob sich in der Gegend irgendwelche E-bikes zum Ausleihen befinden würden. Am Rondell standen zwei Ebikes von TIER, also verliess ich die Bahn, ging über die Brücke zurück, entsperrte ein Rad und fuhr nach Hause.

Die Fahrt dauerte eine Stunde. Genau so lange wie mit der Bahn, allerdings mit dem Vorteil, sitzen zu können. Und man wird nicht von besoffenen Leuten angerempelt. Es ging mir gut. An einer roten Ampel unweit des grossen Sterns schaute ich auf das Ergebnis. Es war immerhin ein 2:4 geworden.