Was ist die letzten beiden Tage alles so passiert? Der lange Text über meinen Job als Torwächter zog alles aus mir heraus. Es ist wie ein abkalben. Während des Schreibens suchte ich in meinen Erinnerungskartons nach Dokumenten aus jener Zeit. Ich fand lustigerweise eine Arbeitsmappe mit dem Logo des Schlosses. Die Mappe mit den „Werkbriefjes“, ich kann mich nicht mehr erinnern, welchen Zweck die Mappe hatte, aber es klingt nach Papieren in denen ich meine Arbeitszeit pflegte.
Auch fand ich viele Fotos aus jener Zeit. Ich sollte sie mal digitalisieren. Auch die alten niederländischen Texte fand ich wieder, Texte die mir mittlerweile peinlich sind, aber wegschmeissen kann ich sie auch nicht. Ich muss nur dafür sorgen, dass sie nach meinem Ableben niemand zu lesen bekommt. Leider weiss man halt oft nicht genau, wann man stirbt.
Als ich die Kartons durchsuchte fiel mir ein, dass ich das Aquarell von dem schönen Mädchen nicht weggeschmissen hatte, sondern es lange in meinen beiden Erinnerungsboxen aufbewahrte. Ob das Bild die vielen Umzüge nach und innerhalb der Niederlande, Spanien, Hamburg und Berlins überlebte, zweifle ich an. Gerade nachgezählt, ich bin seit jenem Job neun Mal umgezogen. Eigentlich gar nicht so oft. Dabei habe ich die Umzüge wegen Räumungen der besetzten Häuser allerdings nicht mitgezählt.
Das Aquarell fand ich jedenfalls nicht.
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Heute spielte auch wieder Hertha. Wir gewannen 5:0. Zwar gegen einen unterklassigen Gegner, aber wir haben bekanntermassen eine schlechte Bilanz bei unterklassigen Gegnern. Es ist das erste Spiel der Saison, das ich in voller Länge schauen kann. Ich bin emotional noch nicht ganz in der neuen Saison angekommen, ich merke, dass ich mir das Thema Hertha noch etwas auf Distanz halte. Ich glaube, es ist Selbstschutz, ich kann es aber nicht ganz ergründen, deswegen lasse ich mich vom Gefühl lenken und das Gefühl ist eben noch nicht da.
Was ist sonst noch passiert? Ah, wir haben Barbie geschaut. Ich mag ja diesen Hype. Das meine ich ganz unironisch. Wir gingen ins UCI Deluxe an der Mercedes Benz Arena, das ist das Kino mit den elektrisch verstellbaren, fetten Ledersitzen. Meine Frau war seit Corona nicht mehr in einem Kino. Früher gingen wir mindestens einmal pro Woche. Es fühlte sich an, wie ein Event. Wir kauften uns einen riesigen Karton Popcorn und eine Cola Zero.
Ich fand den Film okay. Ich dachte, er würde mir besser gefallen. Der latent politisch-feministische Unterton ist gut, aber er ist nicht ganz stimmig, den Vorwurf des pinkwashings kann ich nachvollziehen, wenn man Matell-Interessen jedoch einmal ausblendet, funktioniert die Message dennoch gut. Es setzt ein Frauenbild jenseits der klassischen Rolle. Auf dem Weg nach Hause reden wir über einige Details aus dem Film. Vor allem über das Slut-Shaming. Ich muss einmal meine Gedanken zu Slut-Shaming aufschreiben, ich laufe schon länger mit der Theorie herum, dass das Slut-Shaming der Grund allen Übels ist. Mindestens.
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Die Nachbarn von oben sind im Urlaub und fragten uns, ob wir in deren Abwesenheit die Blumen wässern. Machen wir natürlich. Die Wohnung liegt genau über uns, sie hat also die gleiche Voraussetzung im Grundriss. Es ist unnötig zu sagen, dass das Wässern der Pflanzen zur Nebensache wurde. Die Familie bestand früher aus 4 oder 5 Köpfen und sie wohnen seit sicherlich 30 Jahren dort, und wenn ich es richtig verstanden habe, wohnte sie bereits zu Mauerzeiten dort. Der Grundriss ist exakt der selbe, es ist erstaunlich, wie man eine Kopie unserer Wohnung anders bewohnen kann.
Deren Küche ist unser Arbeits- bzw Gästezimmer. Unser Wohnzimmer ist deren Ehezimmer, unsere Küche ist deren Wohnzimmer, das sie durch ein Kallax-Regal in zwei optische Bereiche aufgeteilt haben. Unser Badezimmer besteht bei denen aus zwei Zimmern. Alles ganz anders. Wir waren durchaus offen dafür, etwas aus deren Raumaufteilung zu übernehmen, aber es hat uns nichts wirklich gefallen. Wir schlafen lieber in den kleinen Räumen, dafür haben wir eine riesige Küche und ein riesiges Wohnzimmer. Beim Schlafen braucht man schliesslich nicht viel Raum. Das wäre mit Kindern allerdings nochmal anders.
„Ehezimmer“ habe ich (als Schleswig-Holsteiner, der nicht viel rumgekommen ist) noch nie gehört. Ich kenne das nur als „Schlafzimmer“, oder, umständlich und nur mit Kindern: „Elternschlafzimmer“.
Ehezimmer klingt für mich etwas nach Pfeiferauchen, Nachthemden und pflichtgemäßem Beischlaf.
Ehezimmer. Um Beischlaf zu vollziehen.
Ganz so hart meinte ich es natürlich nicht, aber ich habe auch vergessen zu erwähnen, dass das Ehepaar schon etwas betagter ist, deswegen ein wäng ironisch gemeint.