Seit Hertha in der zweiten Liga spielt, sind die Spiele am Freitagabend schon um 18:30 angesetzt. Daran muss ich mich noch gewöhnen. Ich war mit der Hündin im Büro, daher machte ich sehr früh Feierabend und fuhr mit ihr nach Hause. Um halb fünf machte ich mich also auf dem Weg ins Olympiastadion. Allerdings gab es aufgrund des Staatsbesuches von Selenskyj grosse Behinderungen beim Sbahnverkehr. Warum auch immer gerade bei der Sbahn. Vorhin war ich mit dem Auto vom Potsdamer Platz nach Friedrichshain gefahren und es gab keinerlei Staus. Ich hätte ja Strassenblockaden aufgrund der Eskorten erwartet, aber nein, es fielen alle Bahnen aus.
Und so kam ich erst gegen halb sechs im Westend an. Meine Dauerkarte hatte Bert. Er schrieb mir, er würde noch eine Weile am Rondell warten. Auf der Fahrt wurde ich aber trotzdem nervös.
Immerhin hatte ich in der Bahn ein lustiges Gespräch mit einer alten Frau aus Spandau, die zufällig in die von Fussballfans überfüllte Bahn geraten war und mit einem, nunja, Herthafan. Die alte Frau war sehr gesprächig, so kauten wir uns durch einen wilden Themenmix aus Fussball, Corona, Ukrainekrieg und hindurch.
Am Stadion angekommen ging ich geradewegs zum Rondell, wo Bert mit meiner Karte wartete. Es waren noch viele andere da. Normalerweise sind eine Stunde vor Anpfiff alle schon in ihren Blocks. Obwohl niemand es eilig zu haben schien, ging ich trotzdem zum Stadiontor und trat ein.
Ich war seit dem 3. Dezember nicht mehr da. Zu meiner Freude wurde später das „Ich bin wieder hier“ gesungen, eine Stadionversion des Westernhagen-Liedes. Auch wenn das Lied sich auf Menschen bezieht, die Stadionverbot erhielten, sang ich, bis meine Stimmbänder versagten.
In der ersten Halbzeit schwärmten junge, vermummte Männer in der Kurve aus. In unserem Bereich kam einer herangekrochen und versteckte sich gebückt hinter mir. Es sah nach einer anstehenden Pyroshow aus. Ich gab ihm etwas Sichtschutz. Nach einigen Sekunden robbte er sich aber weiter durch die Ränge nach vorne. Ein paar Minuten später leuchtete die gesamte Kurve in hellen bengalischen Feuern auf.
Kurz vor der Pause führten wir 2:1 und dann gab es den obligatorischen Tennisball-Protest. Das Spiel endete mit einem befreienden 3:2.
Einer Freundin schrieb ich später: es war ein zauberhafter Abend.
Die Tore, der Rauch, die Nachwuchsspieler, die so viel Spass machten und dieser seltsame Frieden, den wir momentan bei Hertha haben. Leider kann ich den Zauber heute nicht mehr ganz wiedergeben.
Am nächsten Tag hatte ich jedenfalls einen ordentlichen Kater. Möglicherweise war das Bier ein Teil des Zaubers.
Am Abend schauten wir „The Abyss“. Ich sah den Titel ein paar Mal in der Übersicht bei Netflix, aber diesmal sah ich, dass der Film in Kiruna spielt. Kiruna ist eine Stadt im schwedischen Lappland, hundert Kilometer nördlich vom Polarkreis. Ich wollte da schon oft hin, es hat sich aus logistischen Gründen aber nie ergeben. Momentan wird die Stadt um 4 Kilometer verschoben, da sich aufgrund des Eisenerz-Abbaus der Boden destabilisiert. Und davon handelt der Film. Davon, dass die Stadt in sich zusammenbricht.
Der Film war okay. Nichts besonderes. Aber manchmal schaue ich Filme einfach nur der Settings wegen.